07.10.2014

CONTEMPORARY FOOD LAB HUNGRY PEOPLE - IM GESPRÄCH MIT STARKOCH JOACHIM WISSLER


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Höher geht’s nicht. Joachim Wissler hat seinem Restaurant Vendôme im Schloss Bensberg bei Köln drei Michelin-Sterne und 19,5 Gault Millau Punkte eingebracht, ist vom Feinschmecker zum besten Koch Deutschlands gekürt worden und gehört nach San Pellegrino unter die Top 10 weltweit. Man könnte meinen, Joachim Wissler hat schon alles gesehen, was von gastronomischer Bedeutung ist. Aber im Laufe unseres Gesprächs stellt sich heraus, dass es gerade die Neugier ist, die ihn antreibt. Er ist noch lange nicht satt. Auf der Suche nach Neuem experimentiert er mit Gerüchen aus der Kindheit und Erinnerungen und bezieht dabei die Alchemie der Avantgardekochkunst wie auch die Klarheit altbewährter Tradition mit ein. Wichtig ist, sich bei all dem Küchenalltag „Inspirationsfenster“ zu schaffen, Raum, Dinge geschehen zu lassen, und wir lernen, dass auch der Zufall eine entscheidende Zutat sein kann.

CFL: Ich habe mir gestern ein kurzes Porträt über Sie angesehen. Sie sagten, Sie erfänden sich gerne neu. Wen haben wir heute vor uns sitzen?

W: Immer noch denselben, der ich gestern war, aber vielleicht mit einem anderen Blickwinkel. Im Leben gibt es immer Veränderungen und die können einem gut tun. Als Koch seinen Beruf so ausüben zu dürfen, wie ich es tue, das ist schon eine Gnade. Das zu tun, woran man glaubt, oder das zu tun, was vielleicht dem Mainstream entspricht, sind zwei verschiedene Dinge, die manchmal ziemlich weit auseinander driften können. Oft ist es ja auch das wirtschaftliche Risiko, das einen davon abhält, ersteres zu tun. Wenn man das Richtige am falschen Platz macht, dann ist es irgendwann auch nicht mehr umsetzbar. Ich erfinde mich gerne immer wieder neu, beziehe mich dabei auf die Vergangenheit und das, was ich gelernt habe. Aber in meinem Blickwinkel und dem Fokus auf neue Sachen möchte ich mich nicht zu sehr einschränken. Wenn man diese Definition „Neu erfinden“, an den Tellern festmacht, die wir servieren, kann man sagen dass wir uns ziemlich genau viermal im Jahr neu erfinden. Wir bieten unseren Gästen immer neue Menüfolgen. Der Hintergrund dieses „Neu Erfindens“ ist das zu tun, woran man glaubt, das was einen interessiert und worin man Potential sieht.

CFL: War es schon immer ihr Traum Koch zu werden?

W: Das ist ein schwieriges Thema. Ein Traum kann ja auch im Laufe der Zeit entstehen. Nehmen wir einmal an, Michael Schumacher wäre nie mit einem Go-Kart gefahren. Er wäre vielleicht nie Formel -1 Fahrer geworden. Vielleicht muss man erst inspiriert werden, um einen Traum zu bekommen. Bei mir ist es einen ähnlichen Weg gegangen. Ich bin groß geworden in der Gastronomie im elterlichen Betrieb. Das heißt, bei mir waren zuerst die Pflichten da und dann der Traum. Ab meinem zehnten Lebensjahr musste ich sonntags bei meinen Eltern in der Küche mithelfen, anstatt Fußball spielen zu gehen. Die Überzeugung, das zu tun, was ich heute mache, ist erst nach und nach gekommen. Das hat nicht nur mit Träumereien zu tun, sondern auch mit geistiger Reife und Vorstellungskraft. Dass es so gekommen ist, ist vielleicht auch das Ergebnis meiner ganz persönlichen Stärken und Schwächen. Beharrlichkeit, Disziplin, Bescheidenheit, Demut, Ausdauer, Neugier – alle diese Dinge machen mich wahrscheinlich irgendwo aus als Menschen. Es ist diese Mischung und anscheinend hat diese Mischung in Deutschland Erfolg.

CFL: Gibt es ein Talent, das Sie ihrer Meinung nach nicht haben, aber gerne hätten?

W: Ich bedaure außerordentlich, dass ich mich in meiner Jugend den Sprachen so verwehrt habe, denn das bringt mich in meinem heutigen Leben als Koch immer an Grenzen. Sprachen fallen einem leicht oder nicht, aber dann muss man eben mehr dafür tun. Das ist etwas, was ich gerne nachholen würde in meinem Leben.

CFL: Also konkret wären das in ihrem Fall wohl Englisch und Französisch?

W: Französisch ja, Englisch ist nicht so ein Problem für mich. Aber ich sehe es ja auch bei anderen. Vor zwei Monaten war ich in London bei der Verkündung der Pellegrino-Liste. Dort habe ich Kollegen getroffen, die ich seit zehn Jahren kenne, die aber nur Spanisch sprechen und sonst nichts. Die haben dann ein Problem. Durch die Globalisierung lernt man viele Menschen kennen aus aller Welt, wie zum Beispiel meinen Kollegen Atala aus Brasilien. Man grüßt sich, aber dann gibt es schnell Sprachbarrieren. Das mag nur ein kleiner Schönheitsmakel sein, aber ein bisschen schade ist es schon.

CFL: Wie kann man sich als Fachfremder so einen Austausch zwischen Spitzenköchen vorstellen?

W: Das ist wie ein Klassentreffen. Man hat vielleicht acht- oder neunmal im Jahr die Möglichkeit irgendwo eingeladen zu werden, um als Dozent auf einem Gastronomiekongreß, einen Vortrag zu geben. Auf diesen Kongressen trifft man immer wieder Leute, die weltweite Impulse geben, weil sie besonders begehrt sind und besonders oft eingeladen werden. Wenn man viel in bestimmte Länder fährt, so wie wir nach Spanien, dann trifft man diese Kollegen wieder und lernt sie kennen. Man geht zu ihnen essen und dann entstehen Verbindungen. Man freut sich natürlich, diesen Menschen in London zu begegnen. Da sind dann die Fünfzig Besten der Welt und man sagt: Hallo und Wie geht’s? Es ist wirklich wie bei einem Klassentreffen. Man plaudert über das eine oder andere, aufgrund der Zeit meistens leider nur an der Oberfläche.

CFL: Ist es denn so, dass man sich gegenseitig stimuliert oder ist es eher so, dass jeder in seine Richtung geht und später geteilt wird?

W: Es gibt immer welche, die sehr stark polarisieren und im Fokus stehen. Sie stimulieren natürlich alle anderen. Wenn sie einmal in diesem Bereich sind – und wir reden hier von der Weltspitze – dann lässt man sich stimulieren, aber nicht so leicht überwältigen. Wenn ein Koch irgendwo auf der Welt etwas zu sagen hat, dann löst er einen Trend aus. Im Moment haben wir diesen starken Trend nach Südamerika. Dort kombinieren sie Zutaten aus Asien und Südamerika. Diesem Kontinent hat bis vor fünf Jahren niemand kulinarische Beachtung geschenkt. Und dann ganz plötzlich ist eines der Restaurants unter den ersten fünf der Weltrangliste. Ob das nächstes Jahr wieder ein anderes wird, weiß man nicht. Wer weiß, vielleicht jemand aus Afrika! Das macht das Ganze so spannend. Man muss mit viel Neugierde und Offenheit an die Sache herangehen, sollte sich niemals festfahren. Wenn man etwas Neues probiert, sollte man es erst einmal in sich wirken lassen und dann entscheiden, ob es gefällt.

CFL: Darf ich fragen wie Sie sich diese Jugend und Neugierde bewahren? Wie verschaffen Sie sich im Alltag Zugang dazu?

W: Das wichtigste ist, eine realistische Alltagsplanung zu haben. So kann man sich ein Zeitfenster schaffen, indem man überhaupt nachdenken kann, die einen beschäftigen. Das kann zum Beispiel eine Kindheitserinnerung sein oder ein Geschmack oder eine Sache die sie gerne einmal auf einem Teller ausdrücken möchten, zum Beispiel den Duft von Heu. Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Gerade letzte Woche war ich bei meinen Eltern zuhause. Wenn dort das Heu gemäht wird, hat das einen ganz eigenen, persönlichen Geruch. Es kann passieren, dass mich so etwas inspiriert. Aber um das alles in der Realität ausleben zu können, muss man konkrete Vorstellung haben und sich eine Art Zeitkorridor freilegen, um sich damit zu beschäftigen. Morgens kommt man rein und guckt: was ist das Tagesgeschäft? Und dann muss man versuchen es soweit wie möglich zu delegieren. Das ist eine Kunst. Man lernt das erst, wenn man verstanden hat, dass man gar nicht alles selber machen kann. Dann kommt etwas zustande, mit dem man sich diese jugendliche Neugier bewahren kann.

CFL: Sie haben vorhin das Heu erwähnt, was ich sehr spannend finde. Erinnerungen – das ist etwas, womit wir uns auch sehr stark im Contemporary Food Lab beschäftigen. Es gibt ja auch dieses bekannte Beispiel von Proust: Er beißt in die Madeleine und hat seine gesamte Kindheit vor sich. Gibt es bei ihnen ein Gericht, das solche Erinnerungen auslöst?

W: Meine Kindheit war geprägt von Sonntagsbraten – Braten, der im Backofen gemacht wurde und nicht in den modernen Umluft-Öfen von heute. Das gab einen ganz anderen Duft. Wenn dieser Braten morgens um halb 12 aus dem Ofen kam, dann war dieser Geruch natürlich sensationell. Und auf diesem Geruch basierend, haben wir schon einmal ein Gericht gemacht. Es hatte sich mehr oder weniger zweigleisig entwickelt: einerseits aus der Vorstellung, diesen Geruch irgendwo als Geschmack auf einem Teller wiederzugeben, aber auf der anderen Seite war es auch ein Zufallsprodukt.

CFL: Was war das für ein Gericht?

W: Es wurde aus den Schwänzchen von Schweinen gemacht. In Spanien isst man das sehr gerne. Da wird das Schwänzchen dann mit dem Knorpel gegart und danach langsam knusprig gebraten. Dieses Garen geschieht in einem Beutel, wodurch ein gewisser Saft, eine Jûs entsteht. Die Jûs haben wir in einem Töpfchen gesammelt, dass am Herdrand stand. An der Oberfläche dieses Töpfchens hat sich Kollagen abgesetzt, weil Schweinefleisch besonders kollagenhaltig ist. Und dadurch, dass das Töpfchen unten heiß war und oben etwas kälter, fing das Kollagen an zu gelieren. Man muss sich das so vorstellen: Das, was bei der Milch die Milchhaut ist, war bei diesem Schweinebratensaft so etwas wie ein Kollagen-Papier. Dieses dünne Papierchen haben wir dann auf eine Teppanyaki-Grillplatte gelegt und haben es ganz langsam knusprig gebacken. So ist dieses Gericht entstanden, das wir „Esspapier vom Schweinebratensaft“ genannt haben. Durch das Kollagen hat das geschmeckt wie dieser Schweinebraten, damals als er aus dem Ofen kam. Ich setze mich nicht hin und sage: „Ich mach jetzt mal einen schönen Teller“, sondern die Dinge entstehen durch eine Mischung von Zufällen, Vorstellungen und Ideen. So gibt es viele Ansatzpunkte die einen immer wieder bewegen und neu inspirieren.

CFL: Welche Themen beschäftigen Sie sonst derzeit?

W: Die erzwungene Noblesse von Sternerestaurants. Davon will ich mich frei machen. Bei meiner Arbeit geht es mir um das Gericht selbst und auch um meine persönlichen Vorstellungen von optischer Ästhetik. Aber die haben nichts mit vorbestimmten Klischees zu tun. Nur weil man in einem 3-Sterne Restaurant sitzt, muss man ja nicht von einem Porzellanteller essen, der 80 Euro das Stück kostet. Und es gibt ja so viele spannendere Arten, die Leute zu inspirieren, zu begeistern und sogar zu steuern. Schon mit der Speisekarte kann man die Leute elektrisieren, man muss sich nur genau überlegen, wie man die Gerichte beschreibt. Aber auch im Service: Wenn ein Gast zu uns ins Restaurant kommt, der einen schlechten Tag hatte, lassen wir ihn erst einmal runterkommen und bieten ihm ein Wasser oder einen Champagner an. Wenn dann das erste Gericht wirklich zündet, ist der Fokus des Gasts vollkommen auf uns gerichtet und er lässt den Rest des Tages vollkommen hinter sich. Das ist unsere Art zu sagen: „Hey, jetzt vergiss mal was du heute erlebt hast!“ Das sind die Dinge, die mich beschäftigen – die Möglichkeiten auszuschöpfen, die man als Koch hat, einen Gast zu erreichen und zu begeistern.

CFL: Gibt es eine Botschaft, die Sie dem Gast mitgeben möchten?

W: Ja, Neugierde! Gestern waren zwei Italiener hier, die extra mit dem Auto aus Italien angereist kamen. Einer von beiden erzählte mir, dass er total fasziniert war, nicht nur vom Geschmack, sondern von der gesamten Art und Weise des Restaurants. Diese Leute gehen in ein Restaurant und wollen ein Erlebnis haben. Sie wollen nicht nur ein Lamm essen, sondern den ganzen Wissler „einatmen“. Dafür braucht man Neugierde.

CFL: Ist Ihnen der Laie oder der Connaisseur lieber als Gast?

W: Man würde denken, der Laie sei einfacher zu begeistern aber das stimmt nicht. Denn er ist geschmacklich in einem viel kleineren Raum unterwegs. Beim Laien muss man eine gewisse Behutsamkeit bewahren, darf ihn nicht völlig überwältigen. Der erfahrene Esser sucht in manchen Dingen auch nur eine gewisse Provokation. Aber es ist generell so: Wenn man etwas macht, das nicht dem Mainstream entspricht, dann polarisiert man. Und damit entfernt man sich immer weiter von der 100%-Zufriedenheitsgarantie aller Gäste. Das ist einfach so und damit muss man Leben können.

CFL: Gibt es jemanden, mit dem Sie gerne mal zusammen kochen würden?

W: Ich bin eigentlich kein Mensch, der seinen Beruf mit Freunden teilen kann. Und ich habe auch kein Bedürfnis mit irgendeiner Persönlichkeit zusammen am Herd stehen. Also, nein.

CFL: Gibt es denn einen Koch, der Sie sehr inspiriert?

W: Die spanische Küche begeistert mich schon immer. Neuerdings finde ich auch Asien sehr spannend. Ich würde wirklich gerne einmal mit einem Sushi-Meister arbeiten und für zwei oder drei Monate diesen zeremoniellen Spirit einatmen. Die japanische Küche ist auf das Minimalste heruntergebrochen. Sehr interessant.

CFL: Sie haben vorhin über das teure Porzellan gesprochen. Es gibt momentan einen großen Trend hin zur einfacheren Küche. In Berlin gibt es den „Streetfood Thursday“, der unglaublich eingeschlagen hat. Gibt es ein Gericht das sie sich vorstellen könnten, für dieses Publikum zuzubereiten?

W: Wahrscheinlich war ich einer der ersten, der sich von der Behauptung gelöst hat, Schwein habe in einem Spitzenrestaurant keine Berechtigung. Ich habe viel mit verschiedenen Teilen des Schweins gearbeitet, zum Beispiel mit dem Kinnstück. Dieses Kinnstück geschmort, ist eine tolle Sache, geschmacklich sensationell. So etwas würde ich zum Beispiel ohne weiteres machen können. Etwas, das eine rustikale Eleganz hat und architektonisch nicht so komplex ist.

CFL: In welches Restaurant würden Sie einen Menschen zum Essen ausführen, dem Sie Ihre Liebe zeigen möchten?

W: Es gibt Restaurants, die ich wirklich liebe. Ich glaube die würden alle funktionieren, um einen Liebesbeweis zu erbringen. Eines meiner Lieblingsrestaurants ist in Spanien, nahe der französischen Grenze im Baskenland. Das Restaurant ist Kult, weil der Besitzer ein ehemaliger Zimmermann ist. Da gehe ich immer wieder gerne hin, leider bis jetzt noch nicht zusammen mit meiner Frau. Das wäre auf jeden Fall eines dieser Restaurants.

CFL: Wo sehen sie sich selber in den nächsten drei, fünf und fünfzehn Jahren?

W: Der Alltag eines Kochs lässt sich sehr schwer vorausplanen. Das gilt eigentlich für alle Berufsfelder, die ein bisschen kreativer oder künstlerischer sind. Ich möchte immer sensibel bleiben für die Entwicklung der Menschen, die gerne essen. Diese Entwicklung will ich auffangen und in Restaurantkonzepten umsetzen, die sich für alle Menschen öffnen. Gerade den Neugierigen möchte ich die Schwellenangst nehmen, in ein Restaurant wie meines zu gehen. Ich würde den Leuten gerne etwas bieten, das einfach aber qualitativ hochwertig ist. Vielleicht etwas ganz neues: ein Restaurantkonzept, das vom Status her deutlich unter meinem jetzigen liegt, das aber qualitativ auf dem selben Niveau ist und dem mein Spirit innewohnt. Ich denke, das ist etwas, das mich die nächsten drei oder fünf, vielleicht auch fünfzehn Jahre beschäftigen wird.

CFL: Sind ihre Träume bisher in Erfüllung gegangen?

W: Wenn ich zurückblicke auf mich als jungen Menschen und darauf was ich heute mache, kann ich sagen: Ja, auf jeden Fall. Es wäre vermessen zusagen, das wäre nicht der Fall.

CFL: Waren sie dafür verantwortlich oder war es eine Art göttliche Fügung?

W: Ich bin zwar ein Mensch der Kirchensteuern zahlt, aber ich sehe das Thema Glaube und Gott aus einem etwas anderen Blickwinkel. Ich glaube nicht an göttliche Fügung, sondern an den Lauf des Lebens. Der beginnt mit Kindheitserlebnissen und einem Charakter. Diese Mischung ist der Ausgangspunkt für den Werdegang eines Menschen. Dazu kommen Zufälle und natürlich Glück. Ob Gott im Spiel war, weiß ich nicht. Vielleicht ist es diese Mischung aus allem, die man personifiziert und als Gott bezeichnet.

CFL: Worauf könnten sie am ehesten verzichten? Das Vaterland, die Heimat, oder die Fremde?

W: Schwierige Frage. Auf meine Heimat könnte ich nicht verzichten – ich genieße die seltenen Momente sehr, in denen ich mal wieder dort bin. Das Vaterland möchte ich aus meinem Erfahrungsschatz heraus eigentlich auch nicht mehr missen, obwohl ich bis vor 10 Jahren wahrscheinlich lieber in den USA gelebt hätte. Wenn ich heute auf irgendetwas verzichten müsste, wäre es wahrscheinlich die Fremde. Denn wenn man viel gereist ist, ist die Fremde gar nicht mehr so fremd. Und außerdem erkennt man, was man zu Hause eigentlich hat. Als ich jünger war wollte ich immer nur raus, nach Tokyo oder in die USA, aber heute weiß ich zu sehr zu schätzen wie wir hier leben dürfen.

CFL: Würden sie lieber gestorben sein oder als ein gesundes Tier oder eine gesunde Pflanze weiterleben? Wenn ja, als welches?

W: Wenn, dann möchte ich lieber gestorben sein. Ich kann mir das schwer vorstellen. Das meiste, was Tiere tun, tun sie aus Instinkt. Nein, kein Tier, und schon gar keins das man essen könnte! Stellen Sie sich vor, ich wäre ein Huhn!

CFL: Was macht sie menschlich, Herr Wissler?

W: Fehler. Ich gestehe mir jeden Tag Fehler ein. Vielleicht ist es das, was mich immer wieder erdet – die Gewissheit, dass es immer wieder Fehler und Fehlentscheidungen gibt.




09.01.2014

LINK ZUM VIDEO KOCHSHOW CHEF ALPS 2013 JOACHIM WISSLER



26.05.2013

PRESSE - DIE WELT "Deutschlands weltbester Koch"


DIE WELT vom 26.05.2013

Und plötzlich schaut die Gourmet-Welt auf Bergisch Gladbach: Dort kocht Joachim Wissler im "Vendôme", das gerade zu einem der besten Restaurants des Globus gekürt wurde. Ein Besuch bei dem Mann, der deutschem Essen zu neuem Ruhm verhilft

Von Clark Parkin

Kalbskopf, Kapern-Aioli, Petersilien-Meerettich-Vinaigrette. Der erste Gang im Menü von Sternekoch Joachim Wissler im Restaurant "Vendôme" in Bergisch Gladbach liest sich wie bessere Landhaus-Küche. Als erfahrener Feinschmecker erwartet man davon nicht unbedingt erhellende Einsichten, auch nicht, als das Gericht schließlich als appetitlich großer Würfel vor einem steht. Doch all die Erfahrungswerte, die man zu Kalbskopf mit Vinaigrette haben kann, bereiten einen nicht auf das vor, was auf der Zunge passiert. Es schmeckt viel weniger deftig-eindimensional als erwartet. In der Präzision, mit der die einzelnen Bestandteile zubereitet und abgeschmeckt sind, und in ihrer ausgefeilten Gewichtung ergeben sie ein Meisterwerk. Der Gang ist eine freche Tiefstapelei, und würde man nicht gerade von einer Glückswelle nach der anderen durchrauscht, käme man sich fast veräppelt vor. Obwohl man ahnt, dass hier mindestens ein Dutzend verschiedene moderne Kochtechniken zum Einsatz gekommen sind, wirkt das Gericht im Ergebnis mühelos. Bei dem nächsten Gang, der Bachforelle "Bismarck" mit Büsumer Krabbensalat, vollbringt Joachim Wissler Ähnliches.

Souverän hat sich der Fünfzigjährige, der seit 2006 mit drei Michelinsternen ausgezeichnet wird, einen Küchenstil erarbeitet, der ihm innerhalb Deutschlands längst den Ruf einbrachte, der beste seiner Zunft zu sein. Seit Neuestem sorgt er auch weit über die Grenzen hinaus für Aufsehen. Vor drei Wochen wurde Wissler von der "World's 50 Best Restaurants Academy" in London zum zehntbesten Koch der Welt gekürt. Die als "Pellegrino-Liste" bekannte Kür einer Jury aus Köchen, Gastronomen und Gourmetkritikern ist umstritten, allein der Versuch, ein Ranking aufstellen zu wollen, wird als unseriös abgetan. Trotzdem hat sich die jährliche Liste in den vergangenen zwölf Jahren zu so etwas wie dem Oscar der Spitzenköche entwickelt – und zu einem mächtigen Marketinginstrument. Wer es wie das "Noma" in Kopenhagen in drei Jahren in Folge an die Spitze der Liste geschafft hat, ist über Monate ausgebucht. Die Website des in diesem Jahr erstplatzierten "El Celler de Can Roca" ist am Tag nach der Verleihung zusammengebrochen. Dass es nun erstmals ein deutscher Koch so weit in die Weltspitze geschafft hat, kommt einer Revolution gleich.

"Ich sehe das als Chance und zwar für die gesamte deutsche Spitzengastronomie", sagt Joachim Wissler. Vor dem Mittagsservice hat er sich Zeit für ein Gespräch genommen. Wir sitzen in der Lobby des "Althoff Grandhotels Schloss Bensberg", zu dem das "Vendôme" gehört, und Wissler, der mit seinen gescheitelten Haaren, die ihm oft etwas über die Augen hängen, auf Fotos bübisch-schüchtern wirkt, ist gut gelaunt und überraschend geradeheraus. Er ist auf der schwäbischen Alb aufgewachsen, ein leichtes Schwäbeln hat er sich bewahrt. Seine gute Laune mag damit zusammenhängen, dass er seit der Preisverleihung Anfragen aus Asien und sogar Mexiko erhält und der Traffic auf seiner Website von 500 täglichen Besuchern auf 20. 000 hochgeschossen ist. "Wir haben es bislang versäumt, uns richtig zu vermarkten", erklärt Wissler und meint damit sowohl die deutsche Sternegastronomie als Ganzes als auch die Spitzenköche. Während die französischen und amerikanischen Kollegen mit Erfolg Dependancen und Bistros in der ganzen Welt eröffnen, halten sich die Deutschen bislang damit zurück, ihr Können internationalen Kennern aufzutischen.

Viel ist in den vergangenen Jahren über die iberische oder die skandinavische Gourmetküche berichtet worden; sowohl Spanien als auch Schweden und Dänemark haben den Hype mit staatlich finanzierten PR-Kampagnen kräftig unterstützt, wenn nicht gar ausgelöst. Währenddessen tat sich die deutsche Spitzengastronomie schwer, in gleicher Weise als Phänomen wahrgenommen zu werden. Ihr gesellschaftlicher Stellenwert ist immer noch gering, kein deutscher Politiker möchte im Sternerestaurant gesichtet werden, während andere Nationen ihre Köche als Botschafter ihrer Lebensart betrachten. Im Ausland wirken immer noch die alten Klischees von den Deutschen, die zwar Autos bauen können, aber beim Essen eher zu schwer verdaulicher Hausmannskost neigen. Der deutschen Spitzenküche wurde mehr als ein Nachkochen der französischen Klassik nicht zugetraut. Während die großen Restaurants in Frankreich, Spanien oder Skandinavien zu 90 Prozent von Gästen leben, die aus aller Welt angereist kommen, verhält es sich in den deutschen Sternerestaurants proportional umgekehrt. Wissler bewirtet zu 80 Prozent deutsche Gäste. "Die deutschen Spitzenrestaurants konkurrieren alle um den gleichen Gast", sagt er. Letztlich leben alle deutschen Restaurants von einer vergleichsweise kleinen Schicht einheimischer Gourmets, die sich durch die Republik schlemmen.

Joachim Wissler sieht die "Neue Deutsche Küche", deren Anführer er ist, an einem ähnlich epochalen Wendepunkt, wie die französische "Haute Cuisine" anfangs des 19. Jahrhunderts. Aus heimischen Produkten alles herauszuholen ist ihm wichtiger, als mit exotischen Viktualien anzugeben. Er beschäftigt sich statt mit dem Steinbutt lieber mit der Bachforelle oder gart die Schwarzwurzel in der Schale im Vakuum, um alle Geschmacksstoffe noch konzentrierter wirken zu lassen. Sein aktuelles Interesse gilt der Wurzel der Sonnenblume. Dabei drängen sich bei Wissler weder modernste Kochmethoden in den Vordergrund, noch passiert irgendetwas auf seinen Tellern, das man als Effekthascherei abtun könnte. Natürlich kocht Wissler auch mit Hummer, Trüffel und Kaviar, letzteren setzt er jedoch gekonnt nur "als Gewürz" ein, um einen jodigen Kontrapunkt in einem Gericht zu setzen wie bei seinem Thunfischbauch mit gegrilltem Rindermark.

An Wissler fasziniert besonders, wie er über die Jahre immer wieder neue Gerichte entwickelt und seinem Küchenstil trotzdem treu geblieben ist, ihn eher noch durch Weglassen präzisiert. Er sieht es als besondere Herausforderung, unter dem Druck der Erwartungen der heutigen Gäste nicht einem "künstlichen Schaffenszwang" zu erliegen. Dabei ist konstante Veränderung wirtschaftlich reizvoll: "Wenn wir neue Menüfolgen haben, schnellen die Reservierungen in die Höhe" erklärt er. Auf die Frage nach dem Ehrgeiz, der viele Köche umtreibt und oft aufreibt, antwortet Wissler: "Man muss auch seinen Zeitpunkt abwarten können." Wissler findet seinen Ausgleich zum stressigen Beruf auf dem Rennrad und mit seiner Familie. Der richtige Zeitpunkt für ein deutsches Küchenwunder mit Wissler als Galionsfigur könnte nicht besser sein. Der Hype um die "nordic cuisine" ebbt langsam ab, Gourmets suchen nach neuen Abenteuern. Vielleicht wird Deutschland dann bald in der Küche, was es in anderen Bereichen schon ist: heimlicher Weltmeister.

http://www.welt.de/116519346


30.04.2013

AUSZEICHNUNG - Joachim Wissler mit dem Vendôme in den TopTen der besten Restaurants der Welt


Pellegrino Awards 2013

Ein deutsches Restaurant schafft es dieses Jahr in die Top Ten: Das Vendôme im Schlosshotel Bensberg katapultiert sich auf Platz 10 von Platz 23 im Vorjahr. Joachim Wissler in Bergisch Gladbach sei Vorreiter der Neuen Deutschen Küche, die sich vom französischen Einfluss lösen wolle, urteilte das Magazin. Hier träten deutsche Zutaten und Traditionen in den Vordergrund, oft auf eine höchst technische, avantgardistische Art.

LINK: THE WORLD'S BEST..

Das Ranking wird seit 2002 auf Basis der Stimmen der The Diners Club Word World's 50 Best Restaurants Academy erstellt. Ihr gehören rund 900 Führungskräfte der internationalen Restaurantbranche an.


17.10.2012

PRESSE - DiePresse.com " Joachim Wissler: Der Vorbildkoch"


Auf ihn können sich derzeit alle einigen. Joachim Wissler über Forelle zum Nachmachen, deutsche Kindheitserinnerungen und Fahrradmärchen.


Bevor wir mit Yuzu-Saft auf ein Gericht losgehen, sollten wir in der eigenen Vergangenheit in die Tiefe schauen. Das kulinarische Erbgut Deutschlands muss wichtiger Bestandteil unserer Küche sein. Wir müssen uns also überlegen, was eigentlich alles deutsch ist, was sind denn eigentlich unsere esskulturellen Pfründe?“ So – und tatsächlich in dieser druckreifen Sprache – drückt sich jener deutsche Koch aus, auf den sich derzeit irgendwie alle einigen können: Fragt man Köche nach dem besten Koch Deutschlands, kommt in den allermeisten Fällen ohne Zögern ein neidloses „Joachim Wissler“. Der ewig jugendliche Koch reiht sich selbst zwischen die Generation Harald Wohlfahrt, bei dem er in der Schwarzwaldstube in Baiersbronn gelernt hat, und die Generation Sven Elverfeld, der ihn freilich heuer in der San-Pellegrino-Liste überholt hat. Wissler wird als der Denker der neuen deutschen Küche gehandelt, das Wortspiel Besser-Wissler wird wohl schon das eine oder andere Mal gefallen sein. Eine weitere Möglichkeit der Einordnung: in die Generation schlanker Köche. Man könnte fast meinen, Hotelier Thomas H. Althoff suchte sich die Küchenchefs seiner Häuser nach Body-Mass-Index aus: Joachim Wissler eben, Nils Henkel, der ebenfalls in Bergisch Gladbach kocht, oder Christian Jürgens vom Restaurant Überfahrt am Tegernsee.



Aha, die Forelle. Was ist denn nun eigentlich typisch deutsch, Herr Wissler? „Da wären zunächst einmal die Zutaten. Forelle finde ich sehr deutsch, Forelle Müllerin oder eine mit Mandelbutter.“ Anhand dieses Fisches erläutert er auch seine Vorbildfunktion, alles andere als großkotzig, sondern im stillen Bewusstsein, was er nun einmal ist, jetzt, mit 49 Jahren. „Ich bin sicher Vorbild für Köche zwischen 25 und 35. Alles, was ich mache, wird beobachtet und adaptiert. Das ist normal, das war bei mir ja auch so. Wenn man eine Vorbildfunktion hat, kann man eine Generation steuern: Ich kann sagen, nimm statt Blue-Fin-Thunfisch lieber Forelle. Die Jungen sehen dann, aha, wenn der da oben Forelle auf der Karte haben kann, kann ich das auch.“ Mit dem Schwein war es genauso, Wissler rechnet es sich zu, dass das Schwein auf deutschen Speisekarten wieder so groß da ist.

Schöpfergen. Wenn man von Kochvorbildern redet, taucht immer die Frage „Wer hat's erfunden?“ auf. Plagiate sind in Zeiten von Restaurantbloggern, die viel reisen und von Gerichten berichten, einerseits leichter möglich, andererseits aber leichter aufzudecken. Bei Joachim Wissler findet man viele Elemente, die auch auf Tellern anderer Länder serviert werden, zu einer knusprigen Borke zusammengeschabte Milchhaut etwa, gehobelte geeiste Gänseleber oder Geleespaghetti, die wohl von Ferran Adrià kommen. Joachim Wissler jedenfalls traut man zu, dass er alles erfunden haben könnte, was derzeit so gekocht wird, er hat das Schöpfergen. Ganz sicher ist er sich selbst jedenfalls bei der Gänseleber mit Zartbitterschokolade: „Wo immer Sie das essen, es kommt aus dem Vendôme.“ Vor zwölf Jahren hat er das Gericht noch auf keiner Karte gesehen. „Ich wollte einen Schokoriegel machen, das hat aber mit den Proportionen nicht funktioniert: Die Schokolade aus Hülle war immer zu dick, also haben wir sie hauchdünn in die Gänseleber eingearbeitet. Das ist definitiv ein Wissler-Gericht.“

Munter weiter im Wordrap zum typisch Deutschen: „Spreewaldgurken und Sauerkraut – seeehr deutsch!“ Aus Sauerkraut macht Joachim Wissler eine bisher auf dem Weltmarkt unbekannte Preziose: die gemeine deutsche Perle. Im Vendôme zur Auster serviert. „Austern brauchen ja klassischerweise Säure.“ Der Spreewald liegt am Meer, heißt es bei den weißen Senfgurken, die Wissler zu Oktopus kombiniert, „der braucht noch mehr Säure als andere Meerestiere“. Spreewaldgurken setzt er auch bei Ravioli mit Weißwurstfüllung ein, der Teig ist übrigens hauchdünner Kalbskopf. Was für ihn außerdem sehr deutsch ist: die Rote Rübe, die derzeit auf allen Speisekarten rauf- und runterturnt, auch in Österreich oder Südtirol: „Ich liebe sie umso mehr, je älter ich werde.“

Keine Sackgassen. Apropos älter werden: Wie hat sich seine Küche eigentlich mit der Zeit entwickelt? „Ich glaube, die normale Entwicklung eines Menschen bedeutet immer, dass weniger mehr wird, das ist auch bei Köchen so. Ein kritischer Geist fragt sich immer, brauche ich das jetzt wirklich? In der Küche ist die Antwort oft Nein. Das ist fast eine pessimistische Einstellung, die mit der Zeit kommt.“ Vor zehn Jahren hätte seine Küche noch mehr kleine Begleiterscheinungen gehabt – „ich kann das Wort verspielt nicht leiden, deswegen hab ich's nicht gesagt“. Früher habe es mehr Sackgassen in einem Gericht gegeben, „Leerläufe, Komponenten, die nirgends hinführen“. Dennoch würde er sich heute nicht als Purist bezeichnen. Zu manchen Gerichten werden im Vendôme auf dem Tisch gleich zwei Saucen auf den Teller gegossen, etwa Cabernet-Sauvignon-Sud und Zitronensud oder eine Sauce und ein Öl.

Eine Konstante auf Joachim Wisslers Speisekarten ist neben typisch deutschen Zutaten (die vielfach allerdings auch in Österreich als heimisch proklamiert werden – gut, die Spreewaldgurke vielleicht nicht) die Abwandlung urdeutscher Gerichte. Rollmops, Strammer Max, Leipziger Allerlei oder Königsberger Klopse, Letztere hat Wissler aus Kalbskopf und Bachkrebsen gemacht, mit den typischen Aromen wie Sardellen und Dill. Weiters: die Schwarzwälder Kirschtorte, naturgemäß bei deutschen Köchen sehr beliebt für Abwandlungen aller Art, im Vendôme kommt sie als gefrorene dünnwandige Kugel auf den Tisch. „Kindheitserinnerungen sind ganz wichtig, dazu ein bisschen Provokation und ungewöhnliche Kombinationen.“ Aal mit Himbeeren etwa, Friseesalat und Chicoree als Dessert.

Ohne Anleitung. In seinem Trumm von Kochbuch, bewusst im Eigenverlag und mit einem Fotografen, der bisher nichts mit Food-Fotografie am Hut hatte, produziert, erklärt Wissler, warum welche Komponente wo ihren Platz hat. Rezepte gibt es keine, das Buch soll ihn als Koch besser erklären. Was seine Gerichte betrifft, hält Wissler aber nicht viel davon, wenn man sie endlos erklären muss: „Etwas mit Anleitung zu servieren liegt mir eigentlich nicht, die Sachen müssen so selbsterklärend wie möglich sein.“ Das solle man immer bedenken beim Anrichten: „Wie muss der Teller sein, damit der Gast so wenig Fehler wie möglich machen kann? Essen darf ja nicht anstrengen, da steckt aber wiederum viel Denkarbeit unsererseits dahinter.“ Dieses Sich-in-den-Gast-Hineinversetzen unterscheide auch einen Dreisternekoch von einem mit „nur“ einem Michelin-stern (er selbst hat drei und 19,5 Punkte beim Gault Millau, 20 wurden in Deutschland noch nicht vergeben).

Falls doch etwas an einem Gericht zu erklären ist, ist Restaurantleiter Miguel Calero zur Stelle, er und der Küchenchef sind ungewöhnlich stark aufeinander bezogen. Und auch das Servierpersonal weiß alles, was das Essen betrifft, kann jedes Orchideenblatt, jedes exotische Blütchen benennen, das, wie überall derzeit, kopfüber irgendwo auf dem Teller herumliegt. Pardon, bei Wissler kugelt natürlich nichts „irgendwo herum“. Wenige Köche schaffen es, derart sinnvoll zu reduzieren, da ist nichts überflüssig oder sinnlos, alles hat seine Berechtigung. Wie die Schwimmblase eines Kabeljaus. Von diesem Kaltwasserfisch nützt Joachim Wissler fast alle Teile, da kennt er keine Hemmungen, traut den Gästen viel zu. Seine Küche ist eine der mutigsten Deutschlands. Die Schwimmblase, die im Mund an Kutteln erinnert, kommt also ebenso auf den Teller wie der Schlund oder die Bäckchen des Kabeljaus. Ganz in der Manier der Nose-to-Tail-Vorreiter des St. John Restaurant in London. „Die zwei Verrückten kann ich nie unterscheiden, und ich bin nicht sicher, ob der eine nicht einen richtig ausgewachsenen Knall hat.“

Dogmatiker ist Joachim Wissler keiner. „Beim Wort Nachhaltigkeit krieg ich Gänsehaut. Weil: Was ist das eigentlich?“ Die erste Frage sei für ihn als Koch immer: Ist es gut für das Produkt? Etwa bei den Transportwegen: „Ich denke in erster Linie daran, ob der Fisch den Transport aus Neuseeland wohl frisch übersteht, erst in zweiter Linie denke ich an die Umwelt.“ Er fragt sich auch: Welchen Gefallen tue ich der Umwelt, wenn ich den Radius reduziere? Und meint damit, man solle die Bedeutung der Spitzengastronomie für die Lebensmittelproduktion nicht überschätzen, bei den wenigen Sitzplätzen insgesamt. „Was bewirkt es denn für die Population, wenn ein Einzelner auf Thunfisch verzichtet?“ Außerdem gebe es bei regionalen Produkten – „in Österreich ja sicher auch“ – viel Schindluder. „Dass der Wissler mit dem Fahrrad, tralala, an den Rhein gondelt, um dort seine Reuse auszulegen, ist ja ein Märchen.“

von Anna Burghardt


28.08.2012

PRESSE - NEUE ZÜRCHER ZEITUNG "Wissler & Friends"


Erlebnis sechs Sterne: Wissler und Boer. Zwei der besten Köche Europas.

von Wolfgang Fassbender
Nachgewürzt Blog NZZ.CH

Mahlzeiten in Drei-Sterne-Restaurants sind kaum als normale Angelegenheit zu bezeichnen. Nicht mal für einen Restauranttester! Aber wenn ein anderer Drei-Sterne-Koch bei einem der besten deutschen Cuisiniers zu Gast ist, wenn also sechs Sterne an einem einzigen Mittag zu verkosten sind, wird die ganze Sache rar und spannend. Ach was, sie wurde wahnwitzig!

Es kochten nämlich Joachim Wissler (Vendôme, Schloss Bensberg bei Köln) und sein niederländischer Kollege Jonnie Boer (Restaurant De Librije). Die beiden arbeiten sehr verschieden, aber sie experimentieren beide gern und versuchen, Speisen etwas anders anzurichten, als es die Konventionen und die Lehrbücher verraten.

EINSTIMMUNG
Wissler: Karottensphäre / Buttermilchschaum mit Amaranth / getrocknete Melone mit Kombalge / dehydrierte Tomate / Sardine mit Gurkenkaviar

Boer: Puffed Potatoe light / Cucumber Blossoms with Horseraddish / East Indian Cherry with Kaluga Caviar / Kropoek of beetroot with BBQ Mayonnaise

Die Rote-Bete-Kreation war genial, die Gurkenblüten ebenfalls. Und die Karottensphären erst!

ERSTER AKT
Boer: Gänseleber mit Saft von fermentierten Rotkohlbättern / Nordseekrebs mit Mandeln und schwarzer Olive

Wissler: Bachkrebse mit Pinienkernjoghurt und wildem Pfirsich

Wissler: Büffelmozarella mit Erbsen und Kokos

ZWEITER AKT
Boer: Seeteufel mit Liebstöckel, Rollmops und Baharat

Der Rotkohlsaft schuf einen interessanten Ausgleich zwischen Leber auf der einen und dem Taschenkrebsfleisch auf der anderen Seite. Der Seeteufel wiederum wurde in einem Sud mit Baharat-Gewürzmischung gegart, das Ganze wurde am Tisch mit einem selbst gemachten “Maggi” verfeinert. Doch der beste Gang, den ich in diesem Jahr verspeisen durfte, war die Kombination von Bachkrebsschwänzen mit Weinbergspfirsichspalten und Joghurt: allein vier Sterne wert! Über die Schneckeneier zum Mozzarella kann man dagegen streiten: Dieser Gang wäre auch ohne die weissen Kugeln spannend gewesen.

DRITTER AKT
Boer: Jakobsmuscheln mit Knochenmark

VIERTER AKT
Wissler: Milchferkelschnäuzchen Chinoise

Wissler: Rehrücken mit Fichtensprossengelee und Selleriepüree

Eine wahnsinnige Kombination der Gang mit den Jakobsmuscheln (und dem schwarzen Knoblauch!), eine Aromenexplosion das knusprig-weiche Schweinefleisch mit einer Art Erdnusscreme in Erdnussform (goldlackiert). Das Reh war nur vordergründig konventionell, in Wirklichkeit aber ein Wunderwerk an würzig-waldigen Aromen.

SÜSSER ABSCHLUSS

Boer: Thai green curry strawberry

Auf einem Gefrierkissen serviert. Was man aus unreifen Erdbeeren machen kann!

Und das Gesamtfazit? Boer verdreht einem den Kopf, bringt zum Nachdenken, wirft Koventionen über den Haufen und reicht zur Erfrischung ein Blatt scharfen Wasserpfeffer, anschliessend eine Kirschtomate zum Ablöschen. Wissler kocht kaum weniger spannend, aber vielleicht etwas souveräner, balancierter. Zu den besten Restaurants Europas gehören wohl beide. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich zu Joachim Wissler gehen, mich am aufgestellten Service freuen und das preisgünstige Mittagsmenü ordern.

NZZ 25.08.2012
LINK zum NZZ-Artikel


28.05.2012

AUSZEICHNUNG - Joachim Wissler ist der KOCH DER KÖCHE


Joachim Wissler ist der Favorit seiner Kollegen und von den 100 besten Köchen des Landes zum „Koch der Köche“ gewählt worden. Er kann damit die deutschlandweite Abstimmung des Gourmet-Portals "Restaurant-Ranglisten" um die kulinarische Speerspitze Deutschlands für sich entscheiden. Die feierliche Gala zur Preisverleihung fand am 20. Mai 2012 im Grandhotel Schloss Bensberg statt. Neben dem Drei-Sterne-Koch aus dem Restaurant „Vendôme“ wurde Harald Wohlfahrt für sein beeindruckendes Lebenswerk sowie der Niederländer Sergio Herman als „Bester Koch international“ geehrt. Sven Elverfeld kann sich über den Titel „Avantgardist“ freuen, während Kevin Fehling die meisten Stimmen in der Kategorie „Frischfleisch – jung und aufstrebend“ erhalten hat. Der Service-Preis „Bester Maître“ ging an Ansgar Fischer und „Bester Sommelier“ wurde Gunnar Tietz.



Am Ende war das Ergebnis eindeutig. Für die besten deutschen Köche ist der Drei- Sterne-Koch aus dem „Vendôme“ in Bergisch-Gladbach die Nummer eins im Lande. Mit 65 Prozent der Stimmen wurde Joachim Wissler von seinen Fachkollegen zum Koch der Köche 2012 gewählt. Der frisch ernannte Preisträger empfindet seine Spitzenposition als große Ehre. „Eine Auszeichnung von sehr persönlichem und ideellem Wert. Die Anerkennung und Wertschätzung meiner Arbeit von den besten unseres Berufsstandes zu erhalten, ehrt und berührt mich zutiefst. Gleichwohl hat jeder Preis auch seine Bürde. Man ist Vorbild für die nachfolgende Generation und sollte sich immer bewusst sein: Erfolg ist wie die Fahrt in einem Aufzug, irgendwann geht es wieder abwärts.“ Als Zweitplatzierter darf sich Drei-Sterne-Koch Sven Elverfeld aus dem Wolfsburger „Aqua“ freuen. Elverfelds ebenfalls sehr eigenständiger Kochstil gilt vielen wie der von Joachim Wissler als Synonym für eine zeitgemäße deutsche Hochküche auf Weltniveau. Auf den dritten Platz kam Wohlfahrt-Schüler Christian Bau aus dem „Victor’s Gourmet- Restaurant Schloss Berg“.


08.05.2012

PRESSE - WELT AM SONNTAG "Klassenfahrt zum Köche-Gipfel"


WELT AM SONNTAG vom 06.05.2012
von Christoph Teuner

Wenn Küchenchefs eine Reise tun, dann wird mit Kollegen gegessen und geredet: Unser Autor Christoph Teuner hat den deutschen Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler zur Vorstellung der "World's Best Restaurants"-Liste in London begleitet

Sei mir nicht böse, ich kann doch nichts dafür, steht im Gesicht des österreichischen Sternekochs Heinz Reitbauer geschrieben, als ihm der deutsche Sternekoch Joachim Wissler gratuliert. Reitbauer schätzt Wissler, er mag ihn. Eben deswegen ist ihm das alles unangenehm. An den beiden drängeln sich Gastronomiegrößen aus aller Welt vorbei, Champagnergläser in der Hand. Gerade eben hat die Jury der "50 besten Restaurants der Welt" hier in London die neue Rangliste veröffentlicht. Reitbauer, der im Wiener "Steirereck" kocht, hat einen gewaltigen Sprung nach oben getan, von 22 auf 11. Und hat Wissler abgehängt. Der hat zwei Plätze verloren und liegt nun auf Rang 23. Wissler ist nicht mehr bester deutschsprachiger Koch der Welt. Und auch nicht mehr Deutschlands Nummer eins, zumindest nicht auf dieser Liste. Denn auch Sven Elverfeld vom Restaurant "Aqua" in Wolfsburg hat sich vor ihn geschoben.

Der Abend ein Misserfolg? Die Reise nach London ein Misserfolg? Davon will Wissler nichts wissen. "So ist es halt", sagt er lapidar. Sein Restaurantchef Miguel Calero lacht laut und herzlich - über sich selbst. Hatte er doch beim Mittagessen mit dem Österreicher noch im Scherz gerufen: "Es ist uns völlig egal, wo wir landen, Hauptsache vor den Reitbauers." Alle mitgereisten deutschsprachigen Küchenchefs sehen ihre Platzierungen sportlich. "Heute bin ich vor dir, nächstes Jahr bist du vielleicht wieder vor mir." Nach der Verleihung strömen sie alle hinaus in die regnerische Londoner Nacht, um sich ein Taxi zu suchen und beim britischen Star Heston Blumenthal zu Abend zu essen: Rindermark, im großen Röhrenknochen serviert, mit Schnecken, Semmelbröseln und Macisblüte. Taube mit Gewürzen. Tipsy Cake mit gegrillter Ananas. Gerichte, die auf historischen Rezepten basieren; Blumenthal hat sie fürs 21. Jahrhundert adaptiert.

Der Morgen vor der Preisverleihung. Flughafen Köln-Bonn. Ein aufgeräumter Wissler checkt für den Flug nach England ein, nur acht Stunden nachdem er im Drei-Sterne-Restaurant "Vendôme" in Bensberg den letzten Hauptgang hinausgeschickt hat. Wissler sieht deutlich jünger aus als seine 49 Jahre. Gertenschlank, straßenköterbraune Mähne, Jeans, blaues Hemd, an den Füßen Chucks.

Schon zum fünften Mal fährt Wissler nach London. 2008 wählten die Juroren ihn zum ersten Mal unter die "50 Besten". Seitdem hat er sich mit seinen spektakulär-kreativen, manchmal provozierend "anderen" Gerichten wie Aal mit Himbeerstreuseln oder Gnocchi aus Rotbarbenlebern jedes Jahr ein paar Plätze nach oben gearbeitet, bis auf Rang 21 eben. "Im Normalfall werden wir uns ein bisschen hochknabbern", sagt er zu seinen Erfolgsaussichten. "Und wenn ich abrutschen sollte, bringt mich das nicht aus dem Gleichgewicht."

Die Pellegrino-Rangliste gibt es inzwischen seit zehn Jahren. Sie ist bei manchen Köchen, vor allem konservativen, umstritten. "Die, die gut wegkommen, mögen die Liste", sagt Wissler, "die, die schlecht wegkommen, finden sie zweifelhaft." In jedem Fall ist die Liste nicht mehr wegzudenken aus der globalisierten Fine-Food-Szene. Sie hat den Ruhm des Erfinders der "Molekularküche", Ferran Adrià, noch gesteigert. Sie hat neue Stars erschaffen wie den nordischen Radikalregionalisten René Redzepi vom Restaurant "Noma" in Kopenhagen. Sie bedeutet für die paar ganz oben sehr viel Geld, wie der Vorsitzende der Jury für Deutschland, der Kölner Verleger und Fotograf Thomas Ruhl, erläutert: "Das 'Noma' stand kurz vor der Pleite; der Eigentümer hatte schon den Schlüssel in der Hand." Dann kam die Entscheidung: Das 'Noma' ist das 'beste Restaurant der Welt'. Redzepi bringt es später in London auf den Punkt: "Am Samstag vor der Auszeichnung vor zwei Jahren hatte ich 14 Reservierungen - bei 40 Plätzen. Für heute Abend waren es 1204 Anfragen."

Bringt eine Platzierung weiter unten auf der Liste, so wie jene Wisslers, ebenfalls mehr Geld? "Dass wir dadurch spürbar mehr Gäste hatten, kann ich nicht behaupten", sagt Wissler. Ein Platz unter den Top Fifty sei "gut fürs Ego". Und steigere den Marktwert für Nebengeschäfte. Die machen eigentlich alle Spitzenköche. Kreuzfahrten, Galas, große Hochzeiten. Dafür gibt es fünfstellige Honorare - wenn die Zahl der Sterne und der Platz auf der Liste stimmen.

Wissler erzählt, während das Flugzeug Warteschleifen über dem Flughafen Heathrow dreht. Immer wieder wird er unterbrochen; eine Durchsage nach der anderen scheppert durch die Lautsprecher. "Da müsste es irgendwo einen Halt-die-Fresse-Knopf geben."
Gleißendes Licht über Chelsea an diesem 30. April 2012. Die Blüten, die zarten Blätter an den Bäumen, die Umrisse der prächtigen viktorianischen Wohnhäuser zeichnen sich gestochen scharf ab gegen den klarblauen Himmel. Mittagessen der deutschsprachigen Köche in einem Michelin-besternten indischen Restaurant. Atmosphäre wie bei einem Klassentreffen. Umarmungen, laute Begrüßungen, eine Lachsalve nach der anderen. Wissler ist da, Reitbauer ist da, Elverfeld ist da. Vierter Dreisterner im Bunde ist Thomas Bühner vom "La Vie" in Osnabrück. Dazu kommt Dieter Koschina, ein Österreicher, der in Portugal kocht. 14 Sterne an einem Tisch! Man spricht über die Krise in Spanien und die Probleme der Kollegen dort. Über London, die Olympischen Sommerspiele und die exorbitanten Hotelpreise. Über Fünf-Sterne-Hotels in Ischgl, in denen sich Gourmetrestaurants und Table-Dance-Etablissements unter einem Dach befinden. Man erzählt Geschichten über Gäste, die mit billigen Tricks versuchen, an ausgebuchten Abenden noch einen Tisch zu bekommen. Und echauffiert sich über das für alle Versammelten ärgerlichste Thema: Gäste und Allergien. Echte Allergien, vermeintliche Allergien, vergessene Allergien, spontan geheilte Allergien. Immer mehr Gäste machten immer mehr Einschränkungen - das bringe Sand ins Getriebe der hochkomplexen Sterneküchenmaschinerie, manchmal so viel, dass die Maschine kaputtzugehen droht. Viel Gesprächsstoff, viele Probleme und trotz allem viel gute Laune. Wissler macht sich lustig darüber, dass bei jedem Gang die Teller eine andere Größe oder Form haben. "Ich war zehn Mal bei Ferran, und der hatte nur zwei verschiedene Teller." Wissler genießt diese Stunden. "Es ist schön, wenn wir uns hier treffen, weil es so herzlich ist. Man kann sich entspannen, schön essen und sieht Leute, die man mag."

Um halb sieben abends wird es ernst. Großes Fotografen-Gedränge vor der Guildhall, jenem imposanten Klotz in der City of London, mit dessen Bau vor 601 Jahren begonnen wurde. Mitten im Gewühl ein unrasierter kleiner Mann in T-Shirt und schlecht sitzendem Anzug. Mit heiserer Stimme bellt er Kommentare in die Mikrofone und Notizblöcke, begrüßt Dutzende Kollegen und raucht dazwischen immer mal wieder eine Zigarette. Ferran Adrià, der mit dem "El Bulli" die kulinarische Welt revolutioniert hat, ist nicht mehr auf der Liste. Das Restaurant ist geschlossen; kreative Pause, vielleicht für immer. Und doch ist Adrià es, den alle sehen und mit dem alle sprechen wollen. Aduriz aus San Sebastián, Roca aus Girona, Keller aus Kalifornien, Herman und de Boer aus Holland, Caminada aus der Schweiz und die Deutschen und Österreicher - sie sind in diesen Minuten Staffage. Gestylte Staffage. Der eine im dunklen Business-Dreiteiler, der Nächste in Jeans und Turnschuhen, der Dritte mit Cowboystiefeln aus Schlangenleder. Viele Dreitagebärte, viele Sonnenbrillen, viel Gel im Haar. Fast nur schlanke, gut aus-sehende Männer. Der moderne Koch muss die Medien bedienen, auf sich aufmerksam machen, sich inszenieren, ein Star sein. Nur kochen können reicht nicht mehr.

Ist die Liste wirklich ein Gradmesser für Qualität, für die Güte eines Essens? Darüber kann man mit Leidenschaft streiten. Falls ja, wie kommt dann das sternlose Pariser Neobistro "Le Châteaubriand" mit seiner vergleichsweise einfachen Küche auf Platz 15? Und warum findet man einige der ganz großen Namen nicht? Harald Wohlfahrt beispielsweise, den beständigsten deutschen Spitzenkoch, seit nunmehr 20 Jahren mit drei Sternen ausgezeichnet. "Wohlfahrt ist auf Augenhöhe mit den ersten zehn. Seine Küche ist zeitlos gut", sagt Wissler. Wieso fehlt er dann? Noch einmal Thomas Ruhl: "Wohlfahrt ist nicht auf der Liste, weil er nichts macht, was die Branche weiterbringt. Wir sind eine Hitliste, eine Zeitgeistliste. Und wir fördern die Avantgarde." Auf die Frage, ob dadurch derjenige belohnt werde, der jedes Jahr eine neue Sau durchs Dorf treibt, antwortet Ruhl: "Genau solche Leute brauchen wir."

Die Kritik an der Liste setzt an einem weiteren Punkt an. Die Organisatoren, die die Abstimmung eine "Branchenumfrage" nennen, reden gern über Transparenz, praktizieren sie aber nicht überall. Wie groß ist Ihre Organisation und wie viel Geld bekommen Sie von den Sponsoren?, wollen wir von William Drew wissen, dem verantwortlichen Mann beim "Restaurant Magazine", das den Preis ins Leben gerufen hat. "Diese Zahlen veröffentlichen wir nicht." Wie stellen Sie sicher, dass Ihre 837 Juroren weltweit auch wirklich in den Restaurants gegessen haben, die sie bewerten? "Wir nennen ihnen die Regeln und vertrauen ihnen." Wieso verlangen Sie keine Nachweise wie zum Beispiel Quittungen oder Kreditkartenbelege? "Das ist zu viel bürokratischer Aufwand." Die Organisation macht derzeit nur die Namen der regionalen Jury-Vorsitzenden öffentlich, die ihre Test-Teams eigenständig zusammenstellen. In Deutschland gibt es 30 Juroren, zu je einem Drittel Köche, Journalisten und culinary professionals, also zum Beispiel Catering-Manager großer Unternehmen. Jeder von ihnen muss sieben Restaurants bewerten, vier in Deutschland und drei im Ausland. Ein einziges Mal wurden die Namen aller deutschen Jury-Mitglieder bekannt. Was im einen oder anderen Spitzenrestaurant zur Feststellung führte: "Da haben Leute für uns gestimmt, die noch nie bei uns gegessen haben."

Die "50 Best"-Liste ist die Piratenpartei der Fine-Food-Branche. Noch jung, um Jahrzehnte jünger als die alten und grauen Herren "Michelin" und "Gault Millau", manchmal unerfahren und immer polarisierend. Aber eben auch modern und global. Und so erfolgreich, dass es ab 2013 eine neue Liste geben wird, für das boomende Asien. "Asia's 50 Best Restaurants", verliehen in Singapur. Wissler dazu trocken: "Superlative generieren Aufmerksamkeit."

Die Preisverleihung selbst nennt Wissler "kurz, knapp und gut". Kurz und knapp ist sie auf jeden Fall. Der Name des Restaurants, die Platzierung, ein Satz zum Koch und zu seinem Stil. Der nächste, bitte! Unterbrochen wir der Countdown im Schnelldurchlauf nur durch die Sonderpreise. Jeder Marketingchef eines jeden der vielen Sponsoren möchte seinen Auftritt haben. Leidenschaftlichen Beifall gibt es nur ein paar Mal: als die Baskin Elena Arzak als beste Köchin geehrt wird, als Thomas Keller für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird (Wissler: "Bei ihm in der 'French Laundry' habe ich vor zwölf Jahren eines der spektakulärsten Essen überhaupt gehabt"), als das brasilianische Restaurant "D.O.M." den vierten Platz macht. Und schließlich, als, entgegen anderslautender Gerüchte, der Däne René Redzepi mit dem "Noma" zum dritten Mal in Folge die Nummer eins wird. Redzepi schickt einen Spüler aus Afrika vor, der sich, das breiteste und fröhlichste Lachen von allen im Gesicht, radebrechend im Namen der Mannschaft bedankt. Donnernder Applaus.

Sie werden wiederkommen. Jene, die genügend Punkte bekommen und eingeladen werden. Auch im nächsten Jahr wieder. Sie werden gemeinsam essen, trinken und feiern. Sich austauschen, klatschen, tratschen und lästern. Für sich selbst und für ihr Land Werbung machen. Wohl auch Wissler. "Es ist schon toll. Man ist in London und trifft die Besten der Welt." Vielleicht liegt Wissler 2013 wieder vor seinen Freunden. Hitlisten ändern sich schnell.





08.02.2012

PRESSE - 13. S.Pellegrino Kulinarische Auslese


Als Führende des deutschen Rankings der 13. S.Pellegrino Kulinarische Auslese wurden in diesem Jahr Joachim Wissler (Vendôme, Bergisch Gladbach), Harald Wohlfahrt (Schwarzwaldstube, Baiersbronn) und Helmut Thieltges (Waldhotel Sonnora, Dreis) ausgezeichnet, die gemeinsam den ersten Platz der Wertung belegen.

Sterne, Stars und Spitzenköche – mit einer glamourösen Show haben die führenden Köpfe der gehobenen Gastronomie Deutschlands gemeinsam mit 400 geladenen Gästen, darunter viel Prominenz aus Showbusiness und Gesellschaft, die 13. Ausgabe der S.Pellegrino Kulinarischen Auslese gefeiert. Bei der festlichen Veranstaltung im „Teatro“ in München wurden auch 2012 wieder die besten Köche und Restaurants Deutschlands und die besten Österreichs ausgezeichnet.


02.02.2012

FOTOS, BERICHT - Tribute to Claudia - Vila Joya, Portugal



Vor der malerischen Kulisse der Algarve kochten Joachim Wissler und sein Team in der Vila Joya, zum alljährlichen Tribute to Claudia–Festival in diesem Jahr zum ersten Mal.
Für Journalisten, Sponsoren, Kollegen und Freunden des Hauses, zelebrierte Joachim Wissler moderne und klassische Gerichte aus dem Restaurant Vendôme.
Die Gäste gerieten bei Speisen wie dem Gänseleber – Schneeball oder der Horsemakrele ins Schwärmen. Ein perfekt inszenierter Abend, der durch die Mannschaft von Dieter Koschina einmalig organisiert und umgesetzt wurde.

Hier das servierte Menü:



GÄNSELEBER SCHNEEBALL
Wintertrüffel : Tamarillo – Kompott


GARNELE
Schneekrabbenbouillon : Daidai – Tapioka


HORSEMAKRELE
Liebstöckel – Bouillabaisse : Williams Christ Birne : Aalschmalz


MILCHFERKELBAUCH „KROSS MARRAKESCH“
gerösteter Blutwurstsalat


REHRÜCKEN
Kirschrosinengremolata : Fichtensprossengelee : Rehpfeffer


TOPINAMBUR – MILCHSCHAUM
Cerealien : Buchweizeneis


ZARTBITTER – SCHOKOLADENCRÉME
Tabak : Brombeersorbet


Photos: José Fatela, Paulo Barata / Guerrilla Food Photography, Vasco Célio



07.01.2012

PRESSE: F.A.Z. - Jürgen Dollase - 100. Folge ESSPAPIER "Avantgarde, klassisch fundiert"


Frankfurter Allgemeine - Feuilleton - vom 05.01.2012
Das Wissen aus den besten Küchen der Welt steckt in diesen Büchern: In der 100. Folge seiner Kolumne „Esspapier“ stellt Jürgen Dollase die zehn wichtigsten Titel der letzten Jahre in aller Kürze vor.

"Zur 100. Esspapier-Folge habe ich eine kleine, aber ausgesprochen feine Handbibliothek zusammengestellt. Die elf Bücher repräsentieren den Stand der Kochkunst in ganz unterschiedlichen Formen – von der Klassik bis zur Avantgarde, von der sogenannten Molekularküche bis zu intensiver Arbeit mit Kräutern und Pflanzen. Obwohl sie in einem Zeitraum von 28 Jahren erschienen sind, ist jedes auf seine Art bis heute gültig. Einige Bände sind beim Verlag vergriffen, in guten nationalen und internationalen Spezialbuchhandlungen (wie etwa „Buchgourmet“ in Köln oder der „Librairie Gourmande“ in Paris) aber noch zu finden.

Joachim Wissler: „JW 4“. J. Wissler Group, Rösrath 2010. 376 S., Hardcover, geb.
(mit Zugangscode für Website mit Rezept-Details und Filmen), 129 €.

Der Drei Sterne-Koch vom „Vendôme“ in Bergisch Gladbach gibt in diesem Buch einen vollständig offenen Einblick in viele Techniken der Moderne und Avantgarde, die man sonst nicht zu sehen bekommt. Basis sind vier seiner riesigen Degustationsmenüs, die im Buch noch eher knapp, auf der Website dafür in allen Details erläutert werden. Wegen der Qualität der Kochtechnik und der Konzepte der Gerichte ein Buch von Weltrang.



Ferran Adrià: „El Bulli – Werkverzeichnisse“. El Bulli Books, Roses 1983 – 2005. Hardvocer im Schuber, geb., unterschiedliche Umfänge, ab 89 €.

Die Werkverzeichnisse des spanischen Avantgarde-Weltstars Ferran Adrià werden wohl noch auf viele Jahre hinaus die wichtigste Fundgrube für neue Ideen sein. Die älteren Bände (wie etwa der Band 1983 – 1993) zeigen die Entwicklung von einer Art Nouvelle Cuisine-Mainstream zur Avantgarde, die Bände von 1998 – 2005 zeigen Adrià auf seinem kreativen Höhepunkt.

Frederic Anton: Anton. „Le Pré Catelan. Le Restaurant“. Glénat, Paris 2008. 352 S., geb., 89 €. (in französischer Sprache)

Frédéric Anton ist der Koch des Drei Sterne-Restaurants „Le Pré Catelan“ im Bois de Boulogne in Paris. Er gilt als der beste Robuchon-Schüler und ist vor allem derjenige, der die minutiöse Technik des Meisters in die Moderne transportiert hat. Typisch für ihn ist das Umkreisen eines Produktes in verschiedenen Variationen, „trés français“ im Stil und mit einem hervorragenden, klassisch fundierten Geschmack.

Michel Bras: „Bras. Laguiole. Aubrac. France“. Éditions du Rouergue, Rodez 2002. 272 S., br. im Schuber

Michel Bras residiert mit seinem ultramodern gestalteten Restaurant auf einer Berghöhe unweit des Ortes Laguiole und befasst sich einerseits mit einer ausgesprochen naturnahen Küche. Andererseits ist er der vielleicht wichtigste Pionier einer kleinteiligen, millimetergenau durchdachten Kochtechnik. In diesem Band ist er auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Bras ist nach wie vor eine wichtige Quelle der Inspiration für die Moderne.

Heston Blumenthal: „The Big Fat Duck Cookbook“. Bloomsbury, London 2008. 531 S., Leinen, Prägedruck, Silberschnitt, in Schuber, 185 €. (in englischer Sprache)

Dieses Buch des Aushängeschildes der britischen Avantgarde vom Restaurant „Fat Duck“ in Bray ist zuerst einmal eine bibliophile Ausgabe von großer Eleganz. Dazu kommt aber, dass Blumenthal unglaublich komplex über seine Kreationen nachdenkt, und neben der sinnlichen Oberfläche auch eine große handwerkliche Brillanz, Originalität und großen Aufwand zeigt. So wird daraus ein Gesamtkunstwerk von der Typographie über die klassisch-kulinarischen Grundlagen bis zu einer der Bildenden Kunst nicht unähnlichen Ästhetik.

Alain Ducasse: „Grand Livre de Cuisine d’Alain Ducasse“. De Gustibus/Les Éditions Alain Ducasse 2001. Bd. 1: Grand Livre de Cuisine d’Alain Ducasse, 2001, 1056 S., br. Bd. 2: Desserts et Patisserie, 2002, 584 S., geb. Bd. 3: Bistrots, Brasseries et Restaurants de Tradition, 2003, 736 S., geb. Bd. 4: Méditerranée, 2004, 1080 S., geb. Bd. 5: Tour Du Monde, 2007, 1135 S., geb.

In der Summe sind diese Bände das beste Lehrwerk der Küche. Die riesige Zahl von Rezepten aus allen möglichen Bereichen, die extrem präzise Kochtechnik mit vielen Detailangaben (wie zum Beispiel zu den Kerntemperaturen) und die andauernde Gültigkeit vieler Zubereitungen machen es zu einem Buch, das vom Hobbykoch bis zum Profi enormen Gewinn bringen kann.

Nathan Myhrvold: „Modernist Cuisine. The Cooking Lab, Seattle“. Taschen, Köln 2011. 2438 S., 6 Bände im Plexiglasschuber, Kitchen Manual (Ringbuch), 399 €.

Das Mega-Werk des amerikanischen Küchen-Tüftlers ist das neue Non-Plus-Ultra der Kochtechnik. Man braucht Wochen oder Monate, vielleicht auch noch länger, um das alles aufzunehmen. Die Auswirkungen auf die Praxis könnten gewaltig sein – trotz Beratungsresistenz bei vielen Hobbyköchen und traditioneller orientierten Profis. Wegen seiner spektakulären Aufmachung und Anschaulichkeit ist dieses Buch für sehr viel mehr Leute geeignet, als es den Anschein hat.

Thomas Keller: „The French Laundry Cookbook“. Artisan, New York 1999. 326 S., Hardcover, geb., 44 €. (in englischer Sprache)

Der amerikanische Drei Sterne-Koch Thomas Keller war (und ist immer noch) einer der wenigen Autoren, die quasi in allen Details die Beweggründe für ihre Arbeit an einem Rezept klar und deutlich darlegen können. Auch wenn die Rezepte heute ein wenig nach Mainstream aussehen, bleiben die kulinarischen Überlegungen weitgehend gültig. Wenn gutes Kochen sehr viel mit intensivem Nachdenken zu tun hat (was immer mehr Köche so sehen), ist dies ein ausgesprochen wichtiges und aufschlussreiches Buch.

René Redzepi: „Time and Place in Nordic Cuisine“. Phaidon, London 2010. 368 S., geb.

Die aktuelle Nummer eins der Kochwelt (nach der britischen Top 50–Liste) vom „Noma“ in Kopenhagen hat mit seiner Nova Regio–Küche ein enormes revolutionäres Potential, das die Kochwelt ähnlich stark beeinflussen kann wie die Arbeit seines ehemaligen Lehrmeisters Ferran Adrià. Fest in einer Region zu arbeiten, neue Produkte zu entdecken, alte wiederzubeleben und trotzdem vollständig modern zu denken, das hat einfach sehr viel Zukunft.

Olivier Roellinger: „Le Livre d’Olivier Roellinger“. Éditions du Rouergue, Rodez 1994. 317 S., geb.

Dieses Buch des aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr aktiven bretonischen Fisch- und Gewürzspezialisten Olivier Roellinger von den „Maisons de Bricourt“ in Cancale ist unglaublich. Bis heute ist seine Arbeit mit Gewürzen in Finesse und Sensibilität unübertroffen. Roellinger hat sich quasi aus dem Nichts ein ganzes kulinarisches Universum geschaffen und gehört zu den größten Köchen der letzten Jahrzehnte.

Marc Veyrat: „Encyclopédie Culinaire du XXIe Siècle“. Éditions Phileas Fogg, Paris 2003. 3 Leinenbände im Schuber: „L’Herbier Sauvage“, 221 S., „Mes Débuts“, 255 S., „Mes Créations“, 303 S., 375 €. (in französischer Sprache)

Der französische Ex-Drei Sterne-Koch Marc Veyrat ist im Moment nicht mehr so recht aktiv, bleibt aber wegen seines Ansatzes und seiner Originalität einer der Monolithen der Kochkunst. In diesem Buch verbindet er extrem detaillierte Arbeit mit Kräutern, Wurzeln und seltenen Pflanzen mit avantgardistischen Kochtechniken, die sich teilweise parallel zu Adrià entwickelt haben. Veyrat, der nie an mangelndem Selbstbewusstsein litt, war immer umstritten, müsste aber längst wieder mehr im Mittelpunkt stehen."




08.12.2011

PRESSE: APICIUS Ausgabe 1/2012 QUIQUE DACOSTA und JOACHIM WISSLER - Freundschaft überwindet Grenzen.





Apicius
Die kulinarische Avantgarde. Ausgabe 1/2012. 176 Seiten, zahlreiche Farbfotos, exklusive Ausstattung (Klebebindung in edler matter Optik mit lackierten Illustrationen), 210 x 297 mm, Paperback, € (D) 35.-,
ISBN: 978-3-86852-554-0, Fotos: Wonge Bergmann
zu bestellen unter www.heel-verlag.de

Freundschaft verbindet. Freundschaft bildet Vertrauen. Freundschaft überwindet Grenzen.

Von Denia Henkel
Fotos: Wonge Bergmann




Wenn Freundschaft Grenzen überschreitet, territorial und kulinarisch, dann kann sie zu völlig neuen Geschmackserlebnissen und Kompositionen führen. Im Falle von Joachim Wissler, Drei-Sterne- Koch aus dem Gourmetrestaurant Vendôme in Bergisch Gladbach und Quique Dacosta, Zwei-Sterne-Koch aus dem spanischen Denia an der Costa Blanca, führt eine solche emotionale Verbundenheit in einem gemeinsam entwickelten Menü zu Hochgenuss.

An einem eher trüben Tag im August erstrahlte das Restaurant Vendôme in Bergisch Gladbach in einem ganz besonderen Licht. Joachim Wissler hatte im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wissler & Friends“ seinen befreundeten Kollegen Quique Dacosta aus Spanien zu sich eingeladen, um einer erlesenen Gästeschar ein Menü von unglaublicher Vitalität zu präsentieren. Wissler, die Nr. 1 der Deutschen Kochkünstler, traf auf den eigenwilligen Autodidakten Dacosta. Warum die Wahl auf diesen Menüpartner fiel, begründet Joachim Wissler mit folgenden Worten: „Mit Quique verbindet mich schon seit einigen Jahren eine tiefe Freundschaft. Wir sind schon auf vielen großen spanischen Kongressen aufgetreten. Von daher war es mir ein großes Bedürfnis, mit ihm mal bei uns im Vendôme zusammen zu kochen, um unseren Gästen seine Kreativität zu präsentieren.”

Beide Köche haben einen ganz eigenen und unverwechselbaren Stil. Mit großer Sorgfalt haben sie für das gemeinsame Menü Gänge ausgewählt, die sich zum einen harmonisch ergänzen, zum anderen das jeweilige Profil klar zum Ausdruck bringen. In ihrer Küche steht für beide Köche die Produktqualität an erster Stelle. Das gilt für regionale Produkte, die den Schwerpunkt ihres Schaffens bilden, ebenso wie für internationale Produkte. „Bei der Entstehung neuer Gerichte gibt es immer unterschiedliche Ansatzpunkte, was bedeutet, dass das Eine, z. B. eine Idee, welche mit einem Grundprodukt zu einem Gericht entsteht, nicht zwingend im Vordergrund steht, jedoch ein elementarer Bestandteil davon ist. Grundsätzlich ist jedoch das Grundprodukt mit seinem Eigenschaftsprofil der Kernpunkt eines Gerichtes“, so Joachim Wissler. Quique Dacosta antwortet auf die Frage, ob bei der Entwicklung eines neuen Gerichtes Produkt oder Idee an erster Stelle stehen: „Es ist die Summe von allem. Eine Idee ohne Produkt kann man nicht verwirklichen. Ein Produkt ohne Idee bleibt, was es ist: Nur ein Produkt. Ein schlecht verarbeitetes Produkt ist eine Katastrophe. Eine falsche Anwendung oder Zubereitung ebenfalls. Also sollten wir immer daran denken, dass große Küche eine Summe von allem ist, und dass alles von größtmöglicher Qualität sein muss.“

Quique Dacosta gewann bereits sehr jung erste Einblicke in die Gastronomie. Während der Sommerferien jobbte der damals 14-jährige zum ersten Mal in einer Restaurantküche – als Spüler. Fortan verfolgte ihn eine regelrechte Obsession, in der Gastronomie arbeiten zu wollen. Geschickt wählte er seine zahlreichen Stationen in den folgenden Jahren, die ihn allesamt lehrten und prägten. Eine weitere Leidenschaft entwickelte er außerdem für Kochbücher, aus denen er einen Großteil seines theoretischen Wissens erwarb. Seit 1981 wirkt er nun im Restaurant El Poblet in Denia, in dem er seine charakteristische Avantgardeküche etablierte und in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum feiert. Heute gehört ihm das Restaurant und trägt seinen Namen: Restaurante Quique Dacosta.
Fragt man den kreativen Tüftler, der stets durch eine neugierige und offene Rastlosigkeit angetrieben wird, nach dem Stand der technischen Entwicklung in der Küche, so bekommt man eine sehr bodenständige Einschätzung. „Wir leben in einer sehr evolutionären Welt, in der die Technologie einen großen Teil zu unserem Leben beisteuert und sich auch in der Küche technologisch viel tut. Ich bin davon überzeugt und glaube fest daran. Wahrscheinlich können wir es uns nicht einmal vorstellen, was noch auf uns zukommen wird, aber wer hätte noch vor 10 Jahren gedacht, dass man heute über 1000 Schallplatten in einen mp3-Player zusammenfassen kann? Ich wage es nicht, ein Urteil darüber zu fällen, was zukünftig auf uns zukommen wird. Aber eines sollten wir nicht vergessen: Ich bin ein Koch, kein Ingenieur, kein Naturwissenschaftler, um diese neuen Technologien mitzuentwickeln. Ich werde lediglich davon profitieren.“

Neben technischer Entwicklungen sind es vor allem auch Reisen, die den Horizont erweitern und für die Arbeit in der Küche inspirieren. Auch Trends, ob weltweit oder regional, werden in seiner Küche immer eine Rolle spielen. „Ich glaube, dass die Summe aller Beine eines Tisches die stabile Basis einer Küche geben kann und wird. Einige lokale Produkte und neue, zukünftige Produkte, sowie die geschmackliche Erinnerung und die Kultur, könnten jeweils eines dieser Beine sein. Über diesen steht, wie immer, die Qualität. Der Verstand, die Technik, die Idee zu einer neuen, technischen Verfeinerung eines Produktes. Die Technologie wird uns helfen, Dinge besser zu machen. Der Kompromiss, den jeder mit seiner Küche machen muss, wird ein wichtiger Bestandteil sein. Wenn du klassische Küche machst, musst du dich auf sie einlassen und sie perfekt hervorheben, mit all ihren Reizen. Wenn du lieber eine avantgardistische Küche präsentieren möchtest, nur zu, mit Respekt und dem Wissen, wie man sie richtig macht. Das gilt für alle anderen Küchen und Stile auch.“ Die nahezu lückenlose Verfügbarkeit aller Produkte der Welt ist Teil der Globalisierung, dabei ist sie Segen und Fluch zugleich. Quique Dacosta sieht „die Globalisierung als Teil von etwas, was wir selbst geschaffen haben. Es ist nichts Neues und es sind auch nicht wir gewesen, die dies geschaffen haben. Ich aber glaube an meine Region beim Übermitteln meiner Nachricht. Eine Nachricht, die etwas differenzierter ist wie die der anderen Köche der Welt, da meine Umgebung meine Basis ist. Aber natürlich habe ich auch ein waches Auge und einen offenen Geist für andere Produkte aus aller Welt: Techniken, Entwicklungen oder fertige Produkte wie Weine, Öle, Konserven, Nudeln, Käse, sprich viele Produkte. Sie machen ca. 12 % meiner Küche aus. Ich respektiere dies und muss natürlich auch gestehen, dass es mich sehr stolz macht, ab und zu die Produkte aus meiner Umgebung in einem anderen Teil der Erde anzutreffen. Deswegen muss ich anderen Produkten von außerhalb meiner Umgebung den gleichen Respekt zollen. Denn letztendlich zählt nur eines: die Qualität. Diese Produkte versuche ich auf meine Art und Weise hervorzuheben, das Bestmögliche aus ihnen herauszuholen, auch wenn sie, wie gesagt, nicht die Hauptdarsteller meiner Küche sind.“






01.12.2011

JW-Produktempfehlung OLIVENÖL SAN MAURO


Das San Mauro Olivenöl ist ein ein Öl von bester Qualität, wie ich es so nur selten erlebt habe und das ein besonders attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. 
Gemeinsam mit meinem guten Freund und Kollegen Sergio Hermann aus Holland bin ich auf das Olivenöl von San Mauro aufmerksam geworden. Sergio hat mir San Mauro mit seinen Worten als  "Nektar" beschrieben. Das ist eine sehr treffende Bezeichnung für dieses Olivenöl, das Frucht und Würze in optimaler Balance hat und andere Öle dieser Preisklasse im Leistungsvergleich nur als eintönig und fett erscheinen lässt.
Die San Mauro Öle setzen wir im Restaurant Vendome auf vielfältige Art und Weise ein. Es ist ein Öl das eine angenehme Schärfe im Abgang hat und durch ein vollmundiges, nicht bitteres, langanhaltendes Artischockenaroma beeindruckt . Bei der Zubereitung von Marinaden, Essenzen und Vinaigretten macht mir dieses Öl neben dem puren Verzehr besonders viel Freude. 
Probieren Sie es selbst!
Ihr Joachim Wissler.






San Mauro Olio Extra Vergine di Oliva
Die San Mauro Oliven der Proprietà di Doorten stammen aus den Sabiner Bergen in der Nähe von Rom. Dieses Gebiet mit seinem günstigen Klima und idealen Boden ist schon seit Jahrhunderten für sein qualitativ hochwertiges Olivenöl bekannt.
Bereits in römischer Zeit teilte man das Olivenöl in Qualitätsklassen ein. „Oleum Ex Albis Ulivas“ war das allerbeste Öl, hergestellt aus im November gepflückten, frühreifen Oliven. Sie liefern ein Öl mit sehr niedrigem Säuregrad, niedrigem Peroxid- und hohem Polyphenolgehalt.
San Mauro Olivenöl wird nach alter römischer Tradition hergestellt. Die Oliven werden zwischen Mitte Oktober und Mitte November gepflückt und innerhalb von 24 Stunden nach der Ernte kalt gepresst. Das Öl wird ungefiltert in Tanks gelagert und frühestens nach einem Monat in kleine, dunkle Flaschen abgefüllt. Dank der frühen Ernte, der raschen Verarbeitung und der besonders sorgfältigen Lagerung ist San Mauro Olivenöl an Frische nicht zu übertreffen. San Mauro Olivenöl kennzeichnet sich durch einen fruchtigen, leicht bitter-pfeffrigen Geschmack und seine grasgrüne Farbe.


Der Hersteller
Die Geschichte des San Mauro Olio Extra Vergine di Oliva ist die Geschichte von Alie Doorten und ihrer Passion für die Olivenölkultur der alten Römer.
In den Sabiner Bergen vor den Toren Roms gründete sie die Proprietà di Doorten. 1995 entdeckte sie die besondere Qualität des sabinischen Olivenöls. In den darauffolgenden Jahren erwarb sie sowohl bestehende alte Olivengärten als auch neue Grundstücke, die sie mit Olivenbäumen bepflanzte. Seit 2004 stellt sie ihr eigenes Olivenöl her. Aber erst als sie 2008 ein Gelände mit 180 Olivenbäumen an der Via San Mauro erwerben konnte und die besondere Qualität des daraus hergestellten Öls entdeckte, beschloss sie, in die Fußstapfen ihrer illustren römischen Vorgänger zu treten. Sie brachte ihr Olivenöl unter dem Markennamen San Mauro auf den Markt und widmet sich seither ganz der Verbreitung der Olivenölkultur.


Der Herstellungsprozess
Die Herstellung des San Mauro Olivenöls kennzeichnet sich durch die Kombination traditioneller Handwerkskunst mit auf moderner Technologie basierender Qualitätssicherung.
Die San Mauro Oliven werden von Hand gepflückt. Die tägliche Ernte wird sofort zur Pressanlage befördert, wo die Oliven innerhalb von 24 Stunden nach der Ernte kalt gepresst werden. Dies erfolgt mittels des kontinuierlichen Prozesses, bei dem Mahlen und Pressen im selben Arbeitsgang erfolgen. Dadurch kommt die Olivenmasse weniger mit Sauerstoff in Berührung, wodurch sich die Gefahr der Oxidation verringert. Nach jeder Pressung wird eine Probe genommen; dabei werden der Geschmack beurteilt und der Säuregrad sowie der Peroxid- und Polyphenolgehalt gemessen. Als Norm für San Mauro Öl gelten ein Säuregrad von 0,1%, eine Peroxidzahl von 4 und ein Polyphenolgehalt von 200 mg.
Frisch gepresstes Olivenöl zeichnet sich durch einen herrlich vollen Geschmack und Duft aus. Der San Mauro Produktionsprozess zielt darauf ab, die guten Eigenschaften der Oliven zu erhalten, damit das Öl nichts an Geschmack, Aroma und Heilwirkung verliert.
Beim Anbau der San Mauro Oliven kommen keine Bekämpfungsmittel zum Einsatz; als Dünger werden ausschließlich biologische Mittel verwendet.

Produkte
San Mauro Novolio Extra Vergine di Oliva wird in zwei Sorten angeboten: Colline di San Mauro und San Mauro BiCultivar.


Colline di San Mauro
Colline di San Mauro ist eine Mischung aus 70% Carboncella Oliven und 30% Frantoio- und Leccino Oliven. Carboncella ist eine einheimische Olivenart, die nur in den Sabiner Bergen wächst. Sie reift etwas später und lässt sich schwieriger ernten. Carboncella Oliven ergeben ein kräftiges Öl, das in Kombination mit Leccino und Frantoio-Oliven einen angenehmen, leicht bitteren, grünen Geschmack mit Pinienkern- und Artischockennoten erhält. Dieses Olivenöl kann sich in würzigen Gerichten und Süßspeisen wie Panforte und Oliveneis gut behaupten, passt aber auch zu Fleischsorten mit stärkerem Geschmack wie Lammfleisch. Colline di San Mauro ist in Flaschen zu 250 ml und 500 ml erhältlich. Jede Flasche wird in attraktiver Geschenkverpackung geliefert.


San Mauro BiCultivar
Der Gutshof San Mauro ist in idealer Lage in den Sabiner Bergen nahe Rom eingebettet. Die Olivenbäume stehen auf dem Südhang eines 350 m hohen Hügels. Hier wachsen die Olivensorten Leccino und Frantoio in perfekter Harmonie mit ihrer natürlichen Umgebung.
Das Zusammenwirken von Bodenbeschaffenheit, Anbauweise und sorgfältiger Pflege der Bäume sorgt für die hohe Qualität, den delikaten, komplexen Geschmack und das angenehme Aroma dieses erstklassigen Olivenöls. San Mauro BiCultivar zeichnet sich durch ein blumiges Aroma mit leichter Pfeffernote aus. Je länger das Öl auf der Zunge bleibt, desto voller wird der Geschmack. Das Geschmackserlebnis führt von der rohen Mandel zur reinen Olive. Dank seines feinen, leichten Aromas eignet sich dieses Olivenöl unter anderem für die Zubereitung von weißem Fisch und Hähnchen.
San Mauro BiCultivar ist in Flaschen zu 500 ml und 750 ml erhältlich. Die 500 ml Flasche wird in attraktiver Geschenkverpackung geliefert.



28.07.2011

Weitere Auszeichnung: Das Kochbuch JW4 hat einen Gold-Award bei dem Designwettbewerb BERLINER TYPE gewonnen



43. BERLINER TYPE - Internationaler Druckschriften- und Typografiewettbewerb

Als das Printprodukt mit dem höchsten Wert in der Jurierung erhielt das Kochbuch des 3-Sterne-Kochs Joachim Wissler "JW4", eine der drei Goldauszeichnungen.

Die 17köpfige Jury von Experten des jeweiligen Fachgebietes unternimmt eine Detailprüfung von Konzeption und Text, Grafik-Design, Typografie und Illustration, Fotografie wie auch Produktion. Den besten Druckschriften und ihren Urhebern wurden insgesamt 14 Awards, davon 3 in Gold, 7 in Silber und 5 in Bronze zuerkannt. Für herausragende Einzelleistungen bei Konzeption, Text, Foto und Druck/Weiterverarbeitung hat die Jury am 14. Juli 2011 in Frankfurt am Main zudem 6 Diplome vergeben.

Link zu den BERLINER TYPE AWARDS


28.04.2011

PRESSE - Vendome unter den 50 Besten der Welt


Kölner Stadtanzeiger:

Das Gourmetrestaurant Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg kletterte auf der Rangliste der „S. Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ einen Rang nach oben und erreicht in diesem Jahr Platz 21. Damit ist das mit drei Michelin-Sternen dekorierte Vendôme unter den zwei deutschen Restaurants, die überhaupt auf dieser Liste auftauchen, weiterhin das bestplatzierte. Angeführt wird die Rangliste vom Restaurant Noma in Kopenhagen.

„Ich freue mich sehr über die Auszeichnung mit dem 21. Platz auf der Weltrangliste“, sagte der Küchenchef des Vendôme, Joachim Wissler: „Die internationaleAnerkennung ist für uns eine wichtige Bestätigung und zugleich Triebfeder, uns mit höchstem Engagement der Kreation neuer Geschmackskompositionen zu widmen.“

Bereits im Februar war Wissler bei der „12. S. Pellegrino Kulinarische Auslese“ geehrt worden. Hotelier Thomas Althoff sagte: „Ich gratuliere Joachim Wissler und seinem gesamten Team zu dieser internationalen Würdigung ihrer herausragenden Leistungen. Die Kulinarik steht im Fokus unserer Strategie und eine solche Auszeichnung zeigt den Erfolg unserer Unternehmensphilosophie.“

Die Wahl der „S. Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ wird vom britischen Gastronomiemagazin „Restaurant Magazine“ durchgeführt. Über die Nominierungen entscheiden internationale Gastronomie-Experten, darunter Restauraunt-Kritiker, Küchenchefs und Gastronomen.



03.02.2011

PRESSE - 12. S.Pellegrino Kulinarische Auslese – auf dem ersten Platz: Harald Wohlfahrt, Joachim Wissler und Helmut Thieltges


In München wurden am 01. Februar 2011 Deutschlands Spitzen-Köche bei der '12. S.Pellegrino Kulinarische Auslese' geehrt. Für Leistungen auf absolutem Top-Niveau wurden dabei unter anderem Harald Wohlfahrt („Schwarzwaldstube“, Baiersbronn), Joachim Wissler („Vendôme“, Bergisch Gladbach) sowie Helmut Thieltges (Waldhotel Sonnora Dreis) ausgezeichnet, die im deutschen Ranking punktgleich die ersten drei Plätze belegen.

Der Restaurantführer 'S.Pellegrino Kulinarische Auslese' fasst die Ergebnisse der bekanntesten Restaurant-Handbücher (Michelin, Gault Millau, Varta, Schlemmer Atlas, A la carte, Der Feinschmecker und Falstaff Restaurantguide) in einem eigenen Ranking zusammen.




26.01.2011

UPDATE - Shortlist für den GOURMAND AWARD 'BEST COOKBOOK IN THE WORLD'


Weitere gute Nachrichten zum Buchprojekt "JW 4": Die Juroren des renommierten internationalen Kochbuch-Preises GOURMAND haben die Shortlist der Kandidaten für den Preis des weltbesten Kochbuchs auf vier Finalisten reduziert. Neben Paul Cunningham aus Dänemark, Santiago Chamorro aus Ecuador und Mami Nagasue aus Japan wurde auch Joachim Wissler mit seiner Veröffentlichung "JW 4" weiterhin für den Award "The Best Cookbook In The World" nominiert.

Die Auszeichnung als "BEST CHEFBOOK, WINNER GERMANY" und die Nominierung auf die reduzierte BEST IN THE WORLD-Shortlist ist bereits ein großartiger Erfolg. Ob Joachim Wissler und Miguel Calero auch noch die begehrte weltweite Auszeichnung gewinnen werden, zeigt sich im Frühjahr. Die große Preisverleihung findet am 03. März in Paris statt.


16.12.2010

NEWS - Weiterer Award für Joachim Wisslers neues Kochbuch 'JW 4'




Nach der Auszeichnung mit dem renommierten red dot design award: communication design 2010 hat das Kochbuch 'JW 4' eine weitere internationale Auszeichnung erhalten. Bei den GOURMAND WORLD COOKBOOK AWARDS 2010 ist das von Joachim Wissler und Miguel Calero in unabhängiger Produktion und in Eigenverlag erschienene Buch als 'BEST CHEF BOOK, WINNER GERMANY' ausgezeichnet worden. 'JW 4' hat sich somit gleich für einen weiteren internationalen Preis qualifiziert und befindet sich auf der Shortlist für THE BEST COOKBOOK IN THE WORLD.




02.12.2010

VIDEO - Dokumentation der Präsentation JW auf der CHEFSACHE am 25.10.2010 in Köln






Mit über 1.000 Besuchern pro Veranstaltungstag hat die CHEF-SACHE, das Symposium für ambitionierte Köche, die Stars der deutschen Spitzengastronomie zusammengeführt und zum internationalen Austausch angeregt.


chefsache.de:
"In seiner Präsentation legte Joachim Wissler die gedankliche Vorarbeit offen, die seinen Kompositionen vorausgeht und erläuterte die Thematik, die Gerichten mit so wohlklingenden Namen wie „Getreidefeld“ und „geeister Kräutergarten“ zugrunde liegt.

Lehrmeister der neuen deutschen Schule
Joachim Wissler war der erste Spitzenkoch der neuen Generation, der den Mut hatte, regionale Spezialitäten gegen die üblichen traditionellen Luxusprodukte auszutauschen. Seinen Kochstil entwickelte er nahezu autark, mit großem Ehrgeiz, Akribie und Forscherdrang. Aktuell kreiert Joachim Wissler große Degustationsmenüs mit logischer Verkettung der Komponenten. Hinter jedem seiner Teller steht eine eigene Philosophie, eine Story, die sich in der Folge der Gänge zum kulinarischen Drehbuch ergänzt. Bei seinem Auftritt auf der CHEF-SACHE gelang es ihm souverän, seine ausgefeilte Philosophie dem gespannt zuhörendem Publikum näher zu bringen und Kochtechniken aus seinem neuen Buch zu demonstrieren."



17.11.2010

PRESSE - Gault Millau: "Betörend: Wissler kochte noch nie so glasklar, so geschmacksintensiv und zugleich so reduziert."


Die besten Restaurants 2011 in NRW

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in NRW behauptet mit 19,5 Punkten der "unerschöpflich kreative, sich immer wieder neu erfindende" Joachim Wissler vom Restaurant Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg in Bergisch Gladbach, durch dessen "intellektuelle Kraftakte die heiter-beschwingte, sinnlich-süffige Darbietung auf dem Teller so aussieht wie gerade vom Himmel gefallen".

Wisslers "betörende Tableaus haben nichts mehr zu tun mit den ebenso angestrengten wie anstrengenden Arrangements der Pseudo-Avantgarde, deren detailhuberischer Aufwand in keinem Verhältnis zum bescheidenen geschmacklichen Ertrag steht. Wissler kochte noch nie so glasklar, so geschmacksintensiv und zugleich so reduziert. Typisch der Rehbockrücken unter dem vitalisierenden Einfluss von feinherbem Wiesenkerbel, nussigem Pistazienpüree und pikantem Olivenknusper oder die in Mandelmilch gebeizte und von Pimenthaut umhüllte Gänseleber mit gegrilltem Mandelmilchschaum."

Höchstbewertungen, die Joachim Wissler in seinem Restaurant Vendôme in Bensberg/Bergisch Gladbach erkocht hat: Drei Sterne Michelin, 19,5 Punkte Gault Millau, fünf F im Feinschmecker und fünf Aral Kochlöffel




13.11.2010

FOTOS, BERICHT - Internationale Auszeichnung 'Lo Mejor de la Gastronomia' an Joachim Wissler verliehen


Joachim Wissler hat beim diesjährigen Kongress 'Lo Mejor de la Gastronomia' in Alicante als erster deutscher Koch überhaupt den Internationalen Award des renommierten spanischen Fachkongresses erhalten. Die Jury unter dem Vorsitz ihres Präsidenten und Gastronomiekritikers Rafael Garcia Santos würdigte in der Laudatio Wisslers 'herausragenden kulinarischen Kompositionen und ausbalanciertes Spiel mit Aromen'.
Darüber hinaus zeichnete der Restaurantführer "Lo Mejor de la Gastronomia” das Gourmetrestaurant Vendôme unter der Führung von Joachim Wissler und Miguel Calero mit 9,5 von zehn möglichen Punkten aus.

In einer Präsentation vor internationalem Fachpublikum und einem Workshop mit weiteren 3-Sterne-Köchen demonstrierte Joachim Wissler der Jury, dem Publikum und vielen Kollegen sein neues Kochbuch "JW 4", Konzept und Design der JW-Website und neue spektakuläre Rezept-Kreationen wie 'Getreidefeld', 'Geeister Kräutergarten', 'Apfelstrudel-Atmosphäre' und 'Gemüsekrokant-Blätterwald'.

In vielen Gesprächen und äußerst interessanten Zusammentreffen hinter und vor den Kulissen des Kongresses konnten Joachim Wissler und Miguel Calero ihr freundschaftliches Verhältnis zu Sterne-Kollegen wie Ferràn Adrià, Quique Dacosta, Martin Berasategui oder Jonnie Boer pflegen und sich über Trends, Entwicklungen und Inspirationen austauschen.

Neben Joachim Wissler erhielt auch die Spitzenkoch Pascal Barbot (L’Astrance, Paris) die internationale Auszeichnung. 2004 wurde als erster Koch Alain Ducasse mit dem internationalen Preis 'Lo Mejor de la Gastronomia' ausgezeichnet, gefolgt von Joël Robuchon in 2005. Im Jahr 2007 erhielt Ferrán Adrià den Award für sein kulinarisches Werk. Preisträger des letzten Jahres war der in Kopenhagen beheimatete Spitzenkoch René Redzepi, der mit seinem Restaurant Noma den ersten Platz auf der Rangliste der 'World’s 50 Best Restaurants 2010' belegt.





09.09.2010

PRESSE - DIE ZEIT "Der Rezeptor"


Joachim Wissler: JW 4
Von Thorsten Lange

Endlich hat der beste Koch Deutschlands nach neun Jahren wieder ein Kochbuch geschrieben. Und was für eins! Wir verlosen ein Exemplar davon.

Aus den einschlägigen Medien und in einigen Interviews waren vorab schon einige Dinge durchgesickert:
- Es wird ein Riesenwälzer, fast DinA3 mit 500 Rezepten auf 375 Seiten.
- Alle Rezepte sind detailliert auf einer Webseite mit persönlichem Zugangscode abrufbar, im Buch selbst sind fast nur Fotos.
- Es wird von keinem renommierten Kochbuchverlag, sondern in Eigenregie verlegt. “Um Klischees, zu große Vereinfachungen und vor allem den gefährlichen Tunnelblick zu vermeiden”.
 Deshalb hat Wissler mit keinen Kochbuch-Profis, sondern zum Beispiel mit einem Non-Food-Fotografen gearbeitet, der eigentlich aus der Architektur- und Automobilfotografie kommt. Die Texte stammen von Christoph Teuner, einem n-tv-Nachrichtenjournalisten.
Und wenn man es zum ersten Mal in der Hand hat, ist es schon beeindruckend. Aussen schön schlicht gestaltet, ein hellbeiger Einband mit geprägtem Goldfoliendruck. Innen dann unglaubliche tolle Fotos, dem geneigten Hobbykoch eröffnet sich umgehend ein neuer kulinarischer Horizont. Man blättert aufgeregt hin und her, so viele Ideen, so viel Kreativität und so viele schöne Teller!

Inhaltlich handelt es sich um die vier großen 2009er Menüs aus Wisslers Restaurant “Vendôme” mit je 20(!) Gängen, die den Jahreszeiten zugeordnet sind. Jetzt im Herbst mit so Sachen wie Brachfeld, Zarenfrühstück, Rollmops, Kalbskopf, Kraut und Rüben, Shrimpssalat, Gänseleber, süsses Wasser, salziges Wasser, Aal, Kalbsbries, Landei, Wildente, Hase im Pfeffer, Vacherin, Butterkeks, Dörrobst, Hokkaidokürbis, Meteorit, Schaumkuss, Trüffel, Pina Colada, Vendôme.
 Abschließend noch 29 Rezepte von Wissler-Klassikern.

Und das Unglaubliche dabei: Jedes Rezept ist wirklich bis ins kleinste Detail im Internet abruf- und ausdruckbar. Natürlich sind diese sehr umfangreichen Anleitungen mit vielen Bildern nicht direkt zum Nachkochen, sondern eher zum Anregen geeignet. Der Hobbykoch stößt hier nicht nur ausrüstungstechnisch an seine Grenzen, wer hat schon Pacojet, Dehydrator und Thermomix in seiner Küche. Nein, auch bei Zubereitung und Zutaten legt Wissler die kulinarische Latte in unerreichbare Höhen, trotzdem kann man sich bei den Geschmackskombinationen und sonst schon einiges abgucken.

In einem Interview im Kölner Stadtanzeiger antwortet Wissler auf die Frage “Ist das Buch auch etwas für den interessierten Laien oder die ambitionierte Hausfrau?”: “Nein! Man kann nicht Samstagmorgen auf den Markt gehen, mit dem Rezept in der Hand, die Zutaten einkaufen und dann zuhause loslegen. Das geht einfach nicht. Sonst würden zwölf Köche, die viele, viele Stunden jeden Tag in meinem Restaurant arbeiten, irgendwas falsch machen.

Alltagsküche und Dreisterne: Das sind zwei Welten, die funktionieren nicht. Klipp und klar: es ist ein Buch für Köche, für Freunde, für Gäste. Für Menschen, die unser Menü gegessen haben und sich erinnern wollen. Die etwas über die Zusammenhänge, die Philosophie erfahren wollen.”

Joachim Wissler: JW 4. Joachim Wissler Group, Rösrath 2010. 375 S., Hardcover, 129 Euro (zweisprachig, deutsch und englisch). Nicht im Handel, sondern ausschließlich über joachimwissler.com zu beziehen.


11.07.2010

PRESSE - Berliner Morgenpost - "Das Genie des Geschmacks"


Ein ewiger Lehrsatz der professionellen Küche besagt, dass man beim Personal nicht nur auf das Essen achten sollte, sondern auch auf die Hände. Das ergibt schon deswegen Sinn, weil Köche nun einmal ein Handwerk ausüben. Abgesehen davon allerdings offenbart ihre Beschaffenheit viel über die Herkunft und das Selbstverständnis des Mannes oder der Frau am Herd.

Es gibt da die bösesten Brandblasen und -narben zu sehen - meistens bei den Leuten vom Grill, übel entzündete Schwellungen an der Vorderseite der Finger, rot, knotig - sie gehören denjenigen, die sich in ihrem Berufsleben mit der Messerklinge durch Lastwagen von Gemüse pflügen mussten. Von Verbrühungen, als man in höchster Not ins kochende Pastawasser langte, ganz zu schweigen. Mancher trägt diese Verletzungen wie Ehrenzeichen: Seht her, wie hart ich bin.

Joachim Wisslers Hände sind glatt. Nicht die kleinste Unregelmäßigkeit verunstaltet ihren Rücken, die Nägel liegen sauber getrimmt in ihrem Bett, so dass gar nicht erst die Möglichkeit besteht, dass sich unter ihnen womöglich Schmutz sammeln könnte. Und dann erst der Händedruck: Er kommt mit absoluter Präzision, nicht zu weich, nicht zu hart, nicht zu lang, nicht zu kurz - wenn je jemand ausrechnen sollte, wie genau ein Händedruck sein sollte, damit man gern auf ein Geschäft einschlägt, dann sollte er bei Joachim Wissler nachmessen.

Dass Wissler um seine Hände weiß, davon ist auszugehen. Genauso, wie davon auszugehen ist, dass er jedes lange Nachdenken über ihre Beschaffenheit als Blödsinn abtun würde. Er ist Koch, für so gut wie alle Gastroführer mit seinem Restaurant "Vendome" im "Schlosshotel Bensberg" in Bergisch Gladbach der beste der Republik, und da braucht er perfekte Hände. So einfach ist das. Wobei - halt, Blödsinn, das würde er nie sagen. Wissler erklärt schon lieber nachsichtig, dass sich an der Seite seiner Küche ein Fenster befindet, die Gäste ihm und seinen zwölf Mann in der Küche bei der Arbeit zusehen können und er deswegen beim Anrichten zusätzlich noch Plastikhandschuhe trägt. Wenn es sehr filigran wird, und das wird es in Wisslers Küche häufig, greift er ohnehin zur Pinzette, die stets griffbereit in der Brusttasche seiner Kochjacke lagert.

Mit Gerichten wie "Schwänzchen vom Schwein mit Spitzkohl und Salzpflaumen" zum besten Koch aufgestiegen zu sein - Wissler liebt Schwein, er hat das Borstenvieh praktisch im Alleingang in die Sterneküchen zurückgebracht -, an den Gedanken konnte sich Joachim Wissler in den vergangenen Jahren gewöhnen. Doch nun hat er etwas getan, das für die Szene so unüblich ist, dass eigentlich noch niemand sagen kann, was das überhaupt soll. Joachim Wissler hat gemeinsam mit seinem Restaurantleiter Miguel Calero persönliches Kapital in die Hand genommen und mit "JW 4" ohne Hilfe eines großen Verlages ein kiloschweres Buch von 386 Seiten herausgebracht. Und zwar keines aus der Liga "Meine Sterneküche für Jedermann", sondern vier jahreszeitliche Menüfolgen von bis zu 24 Gängen, deren Rezepte man nur im Internet nachlesen kann, ein entsprechender Code beigelegt ist. Was die Nachkochbarkeit zuhause betrifft, ist das ungefähr so, als ob ein Dirigent einem Hobbymusiker die Partitur von Bachs Matthäuspassion mit den Worten "Viel Spaß damit" in die Hand drücken würde.

Ein Kochbuch für Köche, in dem der Meister alles herzeigt, was er sich bisher ausgedacht hat. Ohne Kompromiss in der komplexen Verarbeitung, das ist eine Ansage, die man dem so nett schwäbelnden Herrn Wissler gar nicht zugetraut hätte. Der ist verrückt geworden, der will sich selbst ein Denkmal setzen, erschallt es hinter Wisslers Rücken, von Herrschaften, die ihren Namen nirgendwo lesen wollen.

Lachen kann Joachim Wissler darüber nicht. Aber selbstverständlich hat er auch jetzt wieder Erklärungen. Er sitzt mit einer Tasse entkoffeiniertem Cappuccino im Bankettsaal seines "Vendome" zwischen Wänden aus massivem Sandstein und fixiert die Tischplatte. Eine "Standortbestimmung" sei "JW 4", ein "Prozess", der beschrieben werde. Er sagt das vollkommen ruhig, seine blonde Jogi-Löw-Frisur bewegt sich kein Stück in Richtung gebräuntes Gesicht. Wobei auch härteste Kritiker zugeben werden müssen, dass eine Hagiografie aus eigener Feder nicht wie Wisslers Buch mit dem Appell "An die Arbeit" enden würde.

Für alles Weitere begleitet man Joachim Wissler in die Küche seines "Vendome". Das Restaurant residiert in einem eigenen Flügel des Schlosshotels, eine imposante Anlage, die von fünf Türmen auf dem Haupthaus gekrönt wird und auf einer Sichtachse mit dem Kölner Dom liegt, und was immer man nun sehen möchte, was immer fragen, bei Joachim Wissler ist alles erlaubt. Er hat nichts zu verstecken, ihn freut das Interesse anscheinend aufrichtig. An diesem Sonntagabend ist das Restaurant mit 42 Gästen restlos ausgebucht, auch ein Tisch mit Kollegen aus Köln ist angerückt. Das bedeutet für Wissler und seine Crew, dass heute Abend ein Kommando von Kellnern über sie herfallen wird, die von 19.30 Uhr bis weit nach Mitternacht mit Bons für 600 Teller Drei-Sterne-Essen aufkreuzen werden. Die Gerichte wiederum werden eine Unzahl von Garstufen, Konsistenzen und Farbtönen erfordern, die penibel eingehalten werden müssen. Denn Wisslers Kreationen sind hochkomplexe Gebilde, bei denen eine falsche Nuance alles zerstören kann, das hat ihm noch der letzte neidische Besserwisser lassen müssen. Wissler kocht nicht bloß die großen klassischen Menüs besser und raffinierter als der Rest. Dabei ist sein Werdegang kein ganz typischer. Angefangen hat Wissler in der Nürtinger Gastwirtschaft seiner Eltern - dort empfand er aus Liebe zur Maultasche den Dienst nicht als Dienst. In der berühmten "Traube Tonbach" in Baiersbronn, wo auch der Drei-Sterne-Übervater Harald Wohlfahrt tätig ist, lernte Wissler nach eigener Aussage nicht nur das Kochen, sondern auch, wie man einsteckt und sich Respekt verschafft. Wohlfahrt nebenbei hat er in dem Hotel nie erlebt, der bildet in seiner Küche nämlich keine Lehrlinge aus.

Heute empfindet es Joachim Wissler als Glück, keinen übergroßen Lehrmeister gehabt zu haben, weil er sich so nie von jemandem mühsam habe distanzieren müssen. Heute arbeitet er mit Aromakombinationen, die ein nahezu grenzenloses Wissen über Produkte voraussetzen, gepaart mit einer in Deutschland unerreichten Technik. Seinem Buch hat Wissler eine Art Tugendkatalog vorangestellt, was er mit seinem Team anstrebe, von Kreativität und Provokation ist da die Rede, von Neugier, Authentizität und Perfektion und immer wieder von Demut. Joachim Wissler sagt tatsächlich Dinge wie: "Niemand hat so viel Grund, dankbar für alles im Leben zu sein wie ich." Dinge wie: "Meine Frau und mein Sohn, die erden mich, ohne die könnte ich es nicht schaffen, bei denen habe ich keinen Drei-Sterne-Bonus." Generell liebt er das Wort "Substanz".

Falls das nun klingt wie direkt aus einem PR-Prospekt entnommen, dann darf man schon daran erinnern, für wie integer viele Joachim Wissler halten. Er selbst sagt über sich, er hätte als Hauptschüler so gern das Abitur gemacht, nicht wegen des Prestiges, sondern weil es da noch so viele Dinge zu entdecken gegeben habe. Leider habe er auch nie in Frankreich gearbeitet, seiner Generation seien noch wüste Vorurteile entgegengeschlagen. Und wenn sich auf einem Köche-Kongress im Ausland manche Kollegen nach dem offiziellen Teil zu einer Rotte kulinarischer Hooligans auf der Suche nach allem, was irgendwie Spaß machen könnte formieren, sitzt Wissler dem Vernehmen nach im Hotelzimmer und denkt über das Gehörte, Gesehene und Gegessene nach.

In der Küche wird all das in den kommenden Stunden bestätigt werden - durch das, was er macht genauso wie durch das, was er nicht macht. Schnell füllt sich das Brett mit Bons, auf denen zum Teil Menüs mit 22 Gängen stehen. Hinter simplen Bezeichnungen wie "Landei" verbergen sich Konstruktionen, bei denen Eigelb, Schinken und Trüffel so aufeinander abgestimmt werden, dass der Trüffel lediglich als erdiges Gewürz fungiert, und mittendrin steht Joachim Wissler und spricht ganz leise und sonor, wo andere sehr schnell schreien würden. Zu hören ist nur das Klappern der Töpfe, das Zischen von angebratenem Fleisch, ab und zu fällt eine Ofentür zu. Wissler sagt: "Einmal das große Menü, ein Gast verträgt keine Nüsse und Hülsenfrüchte", die Köche sagen einfach nur "Ja" und Teller um Teller verlässt den Raum, dessen Luft bald süßlich nach Rote Bete und dann scharf nach Reh und dann wieder leicht salzig nach Seezungen riecht. Über Stunden geht kein Handgriff ins Leere und als eine Kellnerin mitten im dicksten Geschäft zwei Teller mit Dorade fallen lässt, dass es splittert, sagt Wissler: "Ach ja, da bräuchte ich jetzt bitte noch zweimal Dorade und Gemüsestreifen."

Manchmal könnte man Joachim Wissler in seiner Küche fast übersehen, obwohl sich ja doch alles um ihn dreht, wenn er völlig in sich selbst versunken fermentierten Knoblauch auf Teller spritzt oder Dill zur Dekoration zurechtrückt. Nur einmal wird sein Tonfall schneidend, das ist kurz vor Mitternacht, kurz vor Feierabend, kurz bevor das "Vendome" für zwei Ruhetage seine Pforten schließt, es ist der Moment, als eine Kellnerin es wagt, bei einem spöttisch grinsenden Koch Lamm abzurufen, wo es Reh hätte heißen müssen, Lamm steht gar nicht auf der Karte. Eigentlich ein banaler Patzer, aber Wissler sagt: "Guten Abend, das ist schon toll, wenn man das mit dem Reh so kurz vor dem Wochenende noch lernen darf, was?" Die Botschaft könnte nicht klarer sein: Hier muss jeder bis ganz zum Schluss konzentriert bleiben, oder es wird eklig. Die Branche verzeiht keine Fehler - woher sonst kämen die ganzen Egomanen und Tyrannen in den Küchen?

Und das Essen? Funktioniert bei Wissler ungefähr so: Wenn er einem Gast 22 Gänge für 245 Euro vorsetzt, hat er vorher zunächst tagelang über jedes einzelne Gericht nachgedacht. Und dann noch einmal über die Abfolge. Mit manchem Gang will er geschmackliche Erinnerungen an die Kindheit wecken, manchmal soll der Gast denken, manchmal soll der Mund explodieren.

Dann wieder kommt ein klassischer Gang wie Seezunge als Rettungsanker. So unverrückbar feststeht, dass kein Mensch auf der Welt essen geht, um 22 Gänge zu essen, so unverrückbar steht fest, dass das eine Menge Spaß machen kann, wenn einer wie Wissler am Herd steht, ein Mann, der außer der Beschäftigung mit Zutaten, Aromen, Garmethoden und Konsistenzen anscheinend keine Obsessionen kennt.

Pünktlich, wenn man bei der Forelle mit Gelee und Porridge, diesem britischen Haferschleim, denkt, jetzt sei es dem Chef aber mal ganz sauber durchgegangen, kommt sein Koch Kai-Uwe Sinzinger mit einer Plastikflasche angerannt und gießt etwas Weizengrasöl an - und plötzlich hat man im Mund eine Mischung aus Sommerwiese, Kornfeld und kühlendem See, etwas vollständig Stimmiges eben. Natürlich kann man jetzt noch rummaulen, dass Honigmelone und Eis mit Grillaroma zum Dessert solange ein doofer Witz sind, wie man die Honigmelonen auch selbst grillen kann. Aber wenn es Wissler und den Seinen nun einmal Freude macht, ein Eis zu entwickeln, das durch verkohlte Holzspäne aromatisiert wird, sollen sie es doch tun. Das macht diesen Planeten sicher nicht zu einem schlechteren Ort.

Wer indes nur einmal erlebt hat, was mit Wisslers Gesicht passiert, wenn ein Gast eine Aromakombination nachvollzieht - "Ja, genau, das Öl, das ist der Schlüssel, super, ganz toll", bricht es dann aus ihm heraus und seine volle Unterlippe verwandelt sich in einen nach oben weisenden Bogen - der mag zwar noch glauben, dass der Chef hier seine Gäste vielleicht ein wenig überfordert, aber das ist dann egal.

Zum Abschluss serviert Wissler gern ein Eis am Stiel. Es ist mit weißer Schokolade überzogen, schmeckt innen nach Maracuja und sieht aus wie ein "Magnum" in Kleinformat: "Weltexklusiv, das gibt es an keiner Tankstelle" steht dazu in seinem neuen Buch für Köche. Das ist ein Witz so ganz nach Joachim Wisslers Geschmack. Kochen sei zu einem Großteil Psychologie, sagt er. Und die Message "Hier haste 'n Eis, das kennst du vom Kiosk, jetzt kannst du auch nach Hause gehen", habe noch jeder Gast, der Wisslers Wirtschaft verlässt, ohne Gram verstanden.

Küchenschluss. Noch einmal dieser Händedruck. Noch einmal ein Blick aus wachen blauen Augen. Wer für ihn der größte lebende Koch ist, wollten wir von Joachim Wissler noch wissen. Joël Robuchon aus Frankreich, kommt es sofort zurück, weil der immer so auf den Punkt konzentriert sei und außerdem immer so ungeheuer viel von sich verlangt habe.

Und welches Gericht würde er mit auf eine einsame Insel nehmen? Tomatensalat, sagt Joachim Wissler. Der sei so wunderbar bekömmlich.


Philip Cassier


24.06.2010

PRESSE - FAZ Kolumne Esspapier: "Der komplettere Koch"


Joachim Wissler repräsentiert wie kaum ein anderer weltweit den State of the Art der modernen Kochkunst zwischen klassischen Techniken und Avantgarde. Sein neues Werk „JW 4“ im Vergleich mit Kochbüchern der internationalen Konkurrenz.
Von Jürgen Dollase



Mit seinem neuen Buch hat Joachim Wissler vom Restaurant „Vendôme“ in Bensberg einen großen Wurf gelandet. In mehr als 120 Rezepten dokumentiert er im wesentlichen vier große Degustationsmenüs, die er zwischen Sommer 2009 und Frühjahr 2010 erarbeitet hat. Mit diesen Kreationen repräsentiert er wie kaum ein anderer Koch weltweit den State of the Art der modernen Kochkunst zwischen klassischen Techniken und Avantgarde. Für den an der Spitzenküche interessierten Leser ist dies eine Fundgrube an ungewöhnlichen und bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Ideen.
Die Veröffentlichung bedient sich zugleich einer noch recht neuen Kommunikationsform: Mit dem Buch erhält man den Zugangscode zu einer neuen Website Wisslers, auf man alle Rezepte mit zusätzlichen Detailfotos und Erläuterungen findet. Wegen der besonderen Bedeutung des Buches erscheint eine ausführliche Rezension in der Kolumne „Geschmackssache“ von Samstag, dem 26. Juni 2010 im Feuilleton der F.A.Z. Hier im „Esspapier“ wird dieses Buch mit anderen wichtigen internationalen Werken verglichen. Wisslers „JW 4“ kann und muss in diesem Zusammenhang gesehen werden.


Wissler vs. Ferran Adrià
Die großen Bände, oder besser gesagt: Werkverzeichnisse von Ferran Adrià seit 1983 (zuletzt elBulli2005, Verlag elBullibooks, erschienen 2006) haben ihren Schwerpunkt ebenfalls auf der textlichen und fotografischen Dokumentation der Arbeit des Kochs. Sie sind sicherlich in wesentlichen Teilen die Hauptinspiration für Wissler gewesen. Adrià hat auch die Ausweitung des gedruckten Buches in die elektronischen Medien erfunden und die eigentlichen Rezepturen auf beiliegende CD-ROMs verlagert. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt bei Adrià stärker auf dem Experiment und oft sehr stark auf der Optik. Er spielt in manchen Bänden regelrecht mit den Bildern seiner neuesten Entwicklungen und räumt neuen Techniken oder auch seinen Entdeckungen aus der Welt der internationalen Produkte viel Raum ein.
Dazu kommen bei Adrià auch immer wieder Systematisierungsversuche und grundsätzliche Überlegungen zur Kochkunst. Wissler ist da kulinarischer, bietet mehr angewandte Kochkunst als Experiment. Bei Wissler scheint die Frage im Vordergrund zu stehen, welche Technik man eventuell noch entwickeln muss, um einen gewünschten Effekt zu erreichen. Bei Adrià wird oft erst entwickelt und dann eine Anwendung in konkreten Zusammenhängen gesucht. Insgesamt gesehen ist Wissler auf jeden Fall der komplettere Koch, der virtuos über alle Mittel verfügen kann.

Wissler vs. Frédéric Anton
Frédéric Anton ist Chef des Restaurants „Le Pré Catelan“ in Paris und einer der wichtigsten Schüler von Joel Robuchon. In seinem Großband „Anton. Le Pré Catelan“, erschienen bei Glénat 2008, entwickelt er in sehr überzeugender Form das, was man am besten als französische Moderne bezeichnet. Diese Moderne mag für das Auge der Avantgarde oft recht ähnlich sein und die Optik einer komplexen sensorischen Struktur haben, ist aber vor allem am klassischen Zusammenhang von Produkt und Aromatik interessiert. Es ist dann auch folgerichtig, dass Anton seine Kreationen „gastronomischer“, also in traditionelleren, süffigen Bildern präsentiert, die oft überlebensgroß sind.
Beim Erfindungsreichtum lässt Wissler solche Köche weit hinter sich. Köchen wie Anton und vielen seiner französischen Kollegen scheint der Freiraum zu fehlen, um wirklich neuartige Dinge zu probieren und durchzusetzen. Aber man sollte auch diese Form der Moderne immer im Blick halten und aufmerksam studieren, weil sich auch die klassisch fundierte Kochtechnik immer weiter entwickelt und wie im Falle von Frédéric Anton bisweilen zu sehr überzeugenden Ergebnissen kommt. Insgesamt ist sein Buch groß und üppig und bisweilen auch spektakulär bebildert, aber inhaltlich letztlich doch begrenzter als das des deutschen Kollegen.

Wissler vs. Heston Blumenthal
„The Big Fat Duck Cookbook“ des britischen Avantgardisten aus dem Jahre 2008, erschienen bei Bloomsbury, ist ein prachtvolles Buch ganz im Stil teurer Kunstbände. Der Leineneinband hat eine silberne Prägung, der Buchblock einen silbernen Schnitt, die Kassette besitzt die gleiche hochwertige Aufmachung und auch alles andere an diesem Buch ist sehr groß und sehr edel. Inhaltlich ist das Besondere, dass Blumenthal nicht nur Rezepte vorstellt, sondern für alles und jedes oft umfangreiche Begründungen und Zusammenhänge liefert. Insofern ist es fast eine Biographie des Kochs, in der von frühesten Kindheitserlebnissen bis Gegenwart seine Entwicklung dokumentiert wird. Interessant ist auch, dass von Künstlergrafik bis zu typographischen Elementen Kunstnähe gesucht wird.
Störend macht sich eine gewisse Hybris bemerkbar. Es ist das Buch von jemandem, der an Jubelstürme in der heimischen Presse gewöhnt ist und sich auch selbst für einen Riesenkoch hält. Einige Kreationen mögen diesem Selbstbild sogar entsprechen. Aber Blumenthal fällt nur selten Neues ein. Einen Schwall von Ideen wie bei Wissler wird es bei ihm nie geben, und auch kochtechnisch ist nicht automatisch alles gut, was das bei ihm manchmal so kompliziert daherkommt. Zwei Jahre nach der Veröffentlichung haben manche eher simplen Dinge schon Staub angesetzt. Ob ein Werk für die Ewigkeit geschrieben ist - wie dies das Blumenthal-Werk durchaus suggeriert - oder nicht, entscheidet sich im gegenwärtigen Stadium beschleunigter Entwicklung der Spitzenküche sehr schnell. Wissler ist im Schnitt spannender und um Klassen unprätentiöser.

Wissler vs. Thierry Marx
Thierry Marx ist gerade dabei, vom Chateau Cordeillan-Bages in Pauillac nach Paris zu ziehen, wo er demnächst Küchendirektor des neuen Mandarin-Oriental- Hotels wird. Marx ist einer der großen, im Ausland aber kaum bekannten Kreativen des Landes, der ein wenig darunter leidet, dass die Avantgarde im klassisch orientierten Frankreich einen etwas schwereren Stand hat. Sein Buch „Planète Marx“, erschienen bei Minerva 2006, hat einen recht zutreffenden Titel. Marx „macht sein Ding“, und zwar liegt dieses ziemlich exakt zwischen klassisch-französischen Grundlagen und der internationalen Avantgarde.
Das klingt fast wie bei Wissler. Tatsächlich gibt es einige Ähnlichkeiten, weil Marx wie Wissler die Idee eines abgerundeten Geschmacksbildes verfolgt. Wissler geht sensorisch viel weiter, Marx sucht oft die spektakuläre, quasi als „Marke“ kommunizierbare Form wie bei seiner berühmten „Caille conique et arome tajine“, einem länglichen, grünen Kegel mit Wachtelfüllung. Überhaupt ist Marx stark am bildnerischen Potential der diversen neuen Kochtechniken interessiert und verpackt seine Kreationen oft in geradezu abstrakte Bilder. Dieses Potential wird bei den eher klassisch-zurückhaltend aufgenommenen Wissler-Bildern noch nicht genutzt. Muss man es nutzen? Sagen wir es so: Die Gesamtästhetik eines Buches kann für die Verbreitung des Inhalts ausgesprochen wichtig sein.

Wissler vs. Quique Dacosta
Zwischen Joachim Wissler und dem spanischen Avantgardisten Quique Dacosta bestehen recht enge Verbindungen und Ähnlichkeiten. Dacosta ist der vielleicht wichtigste Protagonist der zweiten spanischen Moderne, also einer Entwicklung, für die die einige Jahre in der Öffentlichkeit dominanten Entwicklungen der Molekularküche immer nur ein Teil der Moderne waren. Die Ausweitung der Produktpalette, die Entwicklung vieler neuer Kochtechniken, die weitgehende Überwindung klassischer Kochtechniken und vor allem eine erhebliche sensorische Sensibilisierung: alle diese Dinge werden in Spanien von vielen Beobachtern eng mit dem Namen Quique Dacosta verbunden.
Das Buch „Quique Dacosta“, erschienen 2008 bei Montagud Editores, ist von ähnlicher Qualität wie Wisslers „JW 4“, ähnlich sachdienlich aufgebaut, ähnlich zurückhaltend in der optischen Inszenierung der Kreationen, ähnlich auch in dem ebenfalls über eine Website möglichen Zugriff auf die eigentlichen Rezepte. Stilistisch arbeitet Dacosta noch etwas radikaler als Wissler an neuen, aromatisch sehr sensibel und bisweilen minimalistisch zusammengesetzten Geschmacksbildern. Er hat dabei aber nicht die stilistische Breite und oft nicht die sensorische Struktur wie Wissler. Dennoch: Hier arbeiten zwei Brüder im Geiste - mit je eigenen Perspektiven.



11.06.2010

PRESSE - Kölner Stadt-Anzeiger „Ich will überraschen, provozieren“


Der beste Koch Deutschlands im Interview: Hedwig Neven DuMont spricht mit Joachim Wissler - und der Spitzenkoch spricht mit erstaunlicher Offenheit über die Geheimnisse seiner einzigartigen kulinarischen Kompositionen.

Lieber Joachim, in diesen Tagen veröffentlichen Sie ein Kochbuch mit sage und schreibe 400 Seiten - ohne Rezepte. Ist das jetzt genial oder verrückt?
JOACHIM WISSLER Alles, was wir im „Vendôme“ machen liegt außerhalb des Normalen - dazu gehört auch ein unorthodoxes Kochbuch. Wir wollten keine Stereotypen, die in Kochbüchern immer wieder auftreten. Deshalb haben wir zum Beispiel den Fotografen Erik Chmil gewählt, der noch nie Food fotografiert hat. Aber auch bei den anderen Beteiligten haben wir bewusst darauf verzichtet, Kochbuch-Experten zu beschäftigen. Was alle Beteiligten eint, ist die Liebe zum Essen. Das war der Schlüssel.

Aber wie funktioniert ein Kochbuch ohne Rezepte?
Das Buch enthält 120 Gerichte, aber weil jedes Gericht aus mehreren Komponenten besteht, sind es am Ende 500 Rezepte geworden. Drei-Sterne-Rezepte! Es ist unmöglich, so etwas auf Papier zu bringen. Aber zum Glück sind wir im Internetzeitalter angekommen. Jeder Käufer erhält ein Passwort zu einer Webseite, auf der er nicht nur Rezepte, sondern auch zu allen Gerichten optische Anleitungen findet. So ist das Buch vom Anspruch ein Kunstband, die Internetseite gibt den Köchen das nötige Handwerkszeug.

Drei-Sterne-Küche klingt kompliziert. Ist das Buch auch etwas für den interessierten Laien oder die ambitionierte Hausfrau?
Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: nein! Man kann nicht Samstagmorgen auf den Markt gehen, mit dem Rezept in der Hand, die Zutaten einkaufen und dann zuhause loslegen. Das geht einfach nicht. Sonst würden zwölf Köche, die viele, viele Stunden jeden Tag in meinem Restaurant arbeiten, irgendwas falsch machen. Alltagsküche und Dreisterne: Das sind zwei Welten, die funktionieren nicht. Klipp und klar: es ist ein Buch für Köche, für Freunde, für Gäste. Für Menschen, die unser Menü gegessen haben und sich erinnern wollen. Die etwas über die Zusammenhänge, die Philosophie erfahren wollen.

Ach, wie schade. Ich werde sicherlich rasenden Hunger bekommen, wenn ich mir das Buch anschaue...
Das war eine bewusste Entscheidung. Wir haben das Buch im Eigenverlag herausgebracht, weil ich einfach keine Kompromisse machen wollte. Gleichzeitig will ich aber auch nicht in Konkurrenz zu den Publikationen treten, die den Markt überschwemmen. Dieses Buch wird nicht neben anderen Kochbüchern in einer Buchhandlung liegen. Ich kann kein Kochbuch für die breite Masse machen, weil ich kein Koch für die breite Masse bin. So einfach ist das.

Warum haben Sie gerade jetzt dieses Buch gemacht? Wollten Sie ihre vergängliche Kunst verewigen?
Das war auf jeden Fall ein Motiv. Das Buch ist ganz konkret eine Dokumentation der Menüfolgen des Jahres 2009, jenem Jahr, in dem meine Küche sehr große Entwicklungssprünge gemacht hat. In diesem Jahr haben wir im „Vendôme“ auch unsere Philosophie geändert. Wir sind mit einer Menüfolge auf den Markt gegangen, bei der die Gäste zwischen zehn und 23 Gängen wählen können, die alle von der Größe her aufeinander abgestimmt sind, die einen Spannungsbogen, eine Dramaturgie haben.

Aber die Webseite wird ständig aktualisiert, warum?
Nehmen Sie zum Beispiel das Gericht „Gemüsekrokant Blätterwald“, das in der Zubereitung sehr komplex ist. Die Karotte muss man schmecken können, aber sie muss knusprig sein, das erreiche ich nicht mit blanchieren oder grillen. Wir haben dann eine Methode entwickelt, bei der wir Karotten und anderes Gemüse gefriertrocknen, um es dann pulverisiert zu knusprigen Blättern zu formen. Diese Rezeptur hat sich in acht Monaten dramatisch verbessert. Hier greift die Idee der dynamischen Webseite. Die Besitzer des Buches sind immer auf dem neuesten Stand der Rezepturen. Das ist zeitgemäß.

Haben Sie keine Angst, mit einem solchen Buch Ihre Kunst zu entzaubern?
Das Buch ist eine schonungslose Dokumentation und beinhaltet eine nie da gewesene Ehrlichkeit in den Rezepten. Ich gebe mein Wissen preis! Dafür ist das Buch auch mit 129 Euro relativ teuer.
Gemeinsam essen ist so friedlich und schön - wenn es gut schmeckt. Deshalb finde ich es so wichtig, dass auch zu Hause gut gekocht wird, nicht nur bei den Drei-Sterne-Köchen.
Das Buch kann eine Bereicherung sein, selbst wenn man die Rezepte nicht nachkochen kann. Die Ästhetik der Gerichte ist ansprechend - auch oder gerade weil man es nicht selber machen kann. Und es geht um die Philosophie: Was ist spannend? Wo will ich provozieren? Manchmal sind es auch einfach Kindheitserinnerungen. Die Texte zeigen nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Warum“. Es ist ein Buch für alle Genussmenschen. Und die können auch die ein oder andere Anregung finden, zum Beispiel wenn es um die Kombinationen geht.

Worin liegt denn eigentlich der Sprung, den Sie im Jahr 2009 gemacht haben?
Der Sprung liegt innerhalb der Menüfolgen und in der Entwicklung von Menü zu Menü, wo wir immer wieder die Erkenntnisse des vergangenen eingearbeitet haben. Meine Arbeit zielt auf eine Verknüpfung von Klassik und Moderne, verwirklicht mit meinem ureigenen Profil. Es ging mir in erster Linie darum, dass man mit Gerichten etwas bewegen kann.

Und das bedeutet?
Heute muss ein Besuch in einem Spitzen-Restaurant selbstverständlich mehr sein als nur ein Menü zu konsumieren und danach satt nach Hause zu gehen. Der Anspruch ist, ein Erlebnis zu haben. Einen Gesamteindruck. Wenn Sie den Mut besitzen, einem Gast 24 Gänge zu servieren, dann darf das nicht langweilig werden. Immer nur einen Teller absetzen, den der Gast andächtig ansieht und seinen Inhalt aufisst - das reicht nicht.

Der Gast will Spannung, er will unterhalten werden?
Das fängt bei der Speisekarte an, da haben wir eine ganz eigenen Stil entwickelt. Auf alles, was zu poetisch wirken könnte, wird verzichtet. Wir wollen den Gast überraschen, auch provozieren. Wir servieren ihm Aal mit Himbeerstreuseln und Rosenkohl. Das geht nicht? Doch! Es geht ganz wunderbar.

Und im Mittelpunkt steht das Produkt...
Genau, in der Inszenierung geht es oft um das Produkt, welches das wesentliche Geschmackserlebnis verursacht. Aber manchmal soll auch einfach Neugierde geweckt werden, zum Beispiel bei den Desserts. Ein Gericht, das Schaumkuss heißt, das verspricht etwas Luftiges, etwas Ästhetisches, etwas Sinnliches. Wohlverknüpft mit einer Menüfolge, hinterlässt das einen Gesamteindruck.
Klar, in erster Linie geht es um den Geschmack. Aber es gibt so viele Instrumente, die darüber hinaus eine wichtige Rolle spielen. Auch das Auge schickt einen Geschmacks-Vorboten an das Gehirn - mit diesen Erwartungen können wir spielen.

Mich hat noch etwas neugierig gemacht. Sie sind in der Weltrangliste der Restaurants auf einen beachtlichen Platz 22 geklettert, noch mal drei Plätze höher als im vergangenen Jahr....
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen... (lacht)

Es geht ja immerhin um die besten Restaurants der Welt! Kein deutscher Koch ist dort besser platziert, Sie sind Mitte vierzig und haben hierzulande bereits alles erreicht...
Alles erreicht und doch nichts! Das kann man ganz einfach so stehen lassen. Und warum? Weil wir eine Entwicklung in der Welt haben, die uns zwingt, über unsere Grenzen hinauszugehen, sonst reicht es einfach nicht. Vor zehn Jahren gab es in Deutschland drei oder vier Drei-Sterne-Restaurants. Heute gibt es neun, die Zahl hat sich verdoppelt. Aber die Kundschaft hat sich nicht verdoppelt. Sie hat stagniert - wenn überhaupt. Wir müssen also auch international Anerkennung erreichen, allerdings ohne die Gäste zu verlieren, die uns im eigenen Land die Treue halten. Sonst sind wir nicht zukunftsfähig. Die deutsche Spitzenküche hat nicht das internationale Standing, das ihr eigentlich gebührt. Das ist so. Daran müssen wir arbeiten.

Ihr Buch ist in wesentlichen Teilen im Internet verfügbar und es erscheint zweisprachig auf Deutsch und Englisch. Ist es Ihr Werkzeug auf dem Weg zur internationalen Spitze?
Auf jeden Fall. Neulich rief eine New Yorker Buchhandlung an, die wollten mein Buch haben. Ich weiß gar nicht, woher die das wissen, es muss sich herumgesprochen haben. Aber es zeigt mir, dass es der richtige Weg ist. Es geht um Aufmerksamkeit, um internationale Aufmerksamkeit. Deshalb muss mein Buch zweisprachig sein.

Um eine internationale „Marke Wissler“ zu etablieren?
Wenn ein Koch ungefähr 35 ist, dann entscheidet sich, wie sein Erfolg weiter geht, ob er Profil gewinnt, Ecken und Kanten hat.

...eine eigene Handschrift?
Ja. Mit 35 hat man Erfahrungen gesammelt, viel um die Ohren bekommen, man ist hingefallen und musste aufstehen, das gehört auch dazu. Mit Mitte vierzig zeigt sich, ob man auch die Niederlagen genutzt hat. Ob man das eigene Charisma wirklich der Welt vermitteln kann.

Könnten Sie sich vorstellen, dass es in fünf Jahren in Paris und London und New York Wissler-Restaurants gibt?
Das könnte ich mir vorstellen! Klar, das ist jetzt fiktiv, aber über eine Marke könnte so etwas funktionieren. Nein, so etwas funktioniert nur über eine Marke, Restaurants, die genau nach meiner Anweisung an verschiedenen Orten geführt werden. Ich werde immer in Bergisch Gladbach meine Basis haben, aber es könnte Satelliten in aller Welt geben. Wir Spitzenköche in Deutschland müssen uns damit befassen, wir brauchen endlich internationale Anerkennung. Auch um unsere Betriebe am Leben zu erhalten.

Es geht nicht nur um luxuriöses Essen, sondern um Kunst. Ich fände es so schrecklich, wenn diese Kultur nicht mehr möglich wäre. Es ist aufwändig und deshalb auch teuer.
Es geht nicht um den Preis, es geht um Prioritäten. Da hat der deutsche Markt noch Potenzial, wenn ich das mal so dezent sagen darf. Aber ich will den Gast aus Refrath genauso wie den Gast aus Tokio. Ich will sie alle.

Kann es denn sein, dass man sich als Koch in einer Weise weiter entwickelt, dass die Gäste nicht mehr mitkommen, die Kompositionen nicht mehr verstehen?
Ich weiß sehr gut, was Sie meinen. Je eigener Sie werden, desto weniger Menschen können es nachvollziehen. Aber man darf sich davon nicht beirren lassen, man muss das durchziehen. Hin und wieder muss man zurück rudern. Aber grundsätzlich muss man an sich glauben. Es kann ja auch sein, dass Sie das Richtige machen, aber am falschen Ort.

Sie sind sicher für viele Köche Vorbild. Haben Sie selbst noch Vorbilder?
Ich habe mich nie zu stark an Vorbildern orientiert. Menschen, die sich sehr stark an Vorbildern orientieren, haben ja oft ein Problem, sich von ihren großen Meistern zu lösen. Wenn sie dann Charisma und eine eigene Linie zeigen sollen, können sie das oft nicht. Das ist bei mir nie der Fall gewesen. Ich kam als Underdog um die Ecke und niemand wusste woher. Mein Glück war, dass ich eine sehr gute Ausbildung und eine Kindheit auf einem Bauernhof hatte, aber nie bei einem ganz großen Koch gelernt habe. Mein Stil hat sich aus mir selbst heraus entwickelt. Ich habe das nötige Vertrauen bekommen und das immer zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin im Sternzeichen Steinbock. Beharrlichkeit soll angeblich eine Tugend von Steinböcken sein. (Er lächelt und zuckt mit den Schultern). Ich weiß es nicht. Ich bin halt so, wie ich bin.



10.06.2010

EVENT - Internationaler Mendelssohn-Preis 2010: Der 3-Sterne-Koch Joachim Wissler kreiert das Gala-Diner.


Iris Berben und Lang Lang sind die Preisträger des Internationalen Mendelssohn-Preises 2010 der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung. Leipzigs Oberbürgermeister und Vorsitzender der Stiftung, Burkhard Jung, überreicht die Preise, Veronica Ferres führt durch den Abend.

Die Preise werden während eines festlichen Gala-Konzertes im Gewandhaus am 12. Juni 2010, 19 Uhr, im Gewandhaus überreicht. An diesem Abend spielt das Gewandhausorchester unter der Leitung von Riccardo Chailly. Solistin ist Margarita Höhenrieder.
Veronica Ferres führt moderierend durch den Abend.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung überreicht den Preis an Iris Berben in der Kategorie „Gesellschaftliches Engagement" und an Lang Lang in der Kategorie „Musik".

Im Anschluss an das Konzert findet ein Gala-Diner für jene Gäste statt, die entsprechende Tickets erworben haben.
Die Laudatoren, die während des Diners die Preisträger ehren, werden noch bekannt gegeben. Die Verleihung der Preise wird abgeleitet aus Leben und Schaffen des Namensgebers: Felix Mendelssohn Bartholdy wirkte vorwiegend in Leipzig, wo er auch die erste Musikhochschule Deutschlands gründete. Er war Gewandhauskapellmeister, Komponist und Maler, gilt als musikalischer Mittler zwischen den Religionen und seine Leipziger Tätigkeit sowie sein soziales Engagement haben das Konzert- und Orchesterwesen weltweit bis heute geprägt. Er war darüber hinaus im besten Sinne Europäer und bereiste regelmäßig England, die Schweiz und Italien. Der nach ihm benannte Preis wird daher an bis zu drei Preisträger in den Kategorien „Musik", „Bildende Kunst" sowie „Gesellschaftliches Engagement" vergeben.

Der 3-Sterne-Koch Joachim Wissler vom Restaurant Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg, der als bester Koch Deutschlands gilt, wird das Gala-Diner kreieren.
Die Leipziger fairgourmet GmbH stellt hierfür die Infrastruktur im Gewandhaus bereit, übernimmt die festliche Gestaltung des Mendelssohn-Saales und den Service.

Erster Preisträger des Int. Mendelssohn-Preises war Kurt Masur, der die Ehrung im Jahr 2007 anlässlich seines achtzigsten Geburtstages erhielt. Laudator war Kofi Annan, durch das Gala-Konzert führte Harald Schmidt.
Im darauffolgenden Jahr erhielten die Geigerin Anne-Sophie Mutter und der Philosoph Peter Sloterdijk die Ehrung, im dritten Jahr waren Helmut Schmidt, Riccardo Chailly und Armin-Mueller Stahl die Preisträger.

Die Erlöse aus dem Konzert kommen der Mendelssohn-Stiftung zugute.
www.gewandhaus.de


27.04.2010

PRESSE - Joachim Wissler auf Platz 22 der Weltrangliste: Beste deutsche Platzierung bei den „S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“


Bei einer feierlichen Gala wurde gestern Abend die diesjährige Liste der „S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ verkündet. Auf Platz 22: Joachim Wissler, Koch im Restaurant Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg, ein Haus der exklusiven Althoff Hotel Collection. Unter den drei deutschen Restaurants auf der Liste ist das Vendôme somit das bestplatzierte. Wissler debütierte 2008 als höchster Neueinsteiger auf Platz 34 der Liste und kann sich über einen Aufstieg vom 25. Platz im Vorjahr freuen.

Thomas Althoff, Inhaber und Geschäftsführer der Althoff Hotel Collection, erklärt: „Wir sind sehr stolz auf diese Würdigung der wirklich herausragenden Leistungen von Joachim Wissler. Die Gourmetgastronomie ist ein deutlicher Fokus für alle Häuser der Althoff Hotel Collection. Auszeichnungen wie diese bestätigen den Erfolg unseres Konzeptes.“ „Der 22. Platz auf der Weltrangliste ist eine große Ehre. Dieser Erfolg bestätigt unser hohes Engagement und Bestreben, unseren Gästen täglich das Beste zu bieten,“ so Joachim Wissler. „Mein Ziel ist es, mich stetig weiterzuentwickeln, und es freut mich natürlich wenn sich diese Verbesserung auch in den Bestenlisten widerspiegelt.“ Seit 2005 ist das Gourmetrestaurant „Vendôme“ des Grandhotel Schloss Bensberg mit drei Guide Michelin-Sternen dekoriert und gehört somit zu den besten Adressen Deutschlands. Dieses Jahr feiert das Restaurant Vendôme und das Grandhotel Schloss Bensberg sein zehnjähriges Jubiläum.

Die Benennung der „S. Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ wurde 2002 von der britischen Zeitschrift „Restaurant Magazine“ initiiert. Über einen Platz auf der Rangliste entscheiden ausschließlich die Stimmen anerkannter internationaler Juroren wie Restaurantkritiker, Küchenchefs und Gastronomen.